Gestandene Fans großer Hubräume haben gerade noch verträumt den Artikel zum S65 AMG durchgelesen, nur um jetzt beim überfliegen dieser Zeilen in theatralisches Schluchzen auszubrechen. Das Thema dieses Artikels behandelt nämlich nicht die anmutende Schönheit großvolumiger Motoren, sondern unsere traurige Zukunft. Bis das Elektroauto endgültig seinen Siegeszug über den guten, alten Verbrenner antritt, wird der Verbrenner nämlich noch winzig klein. Wie klein? Holt euch ein Taschentuch und lest weiter.
Durch die Perfektionierung von Aufladung und Direkteinspritzung ist es möglich, viel mehr Leistung aus viel weniger Hubraum zu quetschen. Im Umkehrschluss heißt das also, dass die PS pro Liter-Ausbeute deutlich gestiegen ist. Inzwischen gelten Hubräume von 350-500ccm pro Zylinder als Optimum und so haben sich auch Dreizylinder in der Mittelklasse etabliert. Für meinen Vater: „Ich werde mir niemals einen BMW mit Vierzylinder kaufen, ist doch lächerlich!“ – Zitat Ende, wird es so auch immer schwieriger, sich mit den Neuwagen der Marke BMW anzufreunden. „Nicht so schlimm, dann kann man ja einen anderen Hersteller suchen.“ Bedauerlicherweise ist der weitaus größte Teil dieser von der Umweltpolitik in die Hubraumvereinsamung getrieben worden. Nicht, dass ich etwas gegen Umweltschutz hätte, aber man könnte auch bei der Viehzucht ansetzen, die für einen viel größeren Teil der Treibhausgase verantwortlich ist und weit weniger schöne Töne produziert, als ein bollernder Achtzylinder. Außerdem ist permanent Fleisch zu essen sowieso viel ungesünder als der Endorphinausstoß beim Bestätigen des Gaspedals eines C63.
Da das allerdings ein informativer Artikel werden soll und kein Kommentar zum Thema Downsizing, wenden wir uns wieder der Technik und den Fakten zu. Die Forschungsvereinigung Verbrennungskraftmaschinen (FVV), betreibt mehrere Projekte, in denen unter anderem erprobt wird, wie weit man das Downsizing noch treiben kann. Die momentane Grenze für einen effizienten Motor liegt bei einem Zylindervolumen von lediglich 200ccm. Diese Größe wurde von den Wissenschaftlern für einen Forschungsmotor zugrunde gelegt. Für diesen wurden dann zwei Zylinderköpfe, einer mit 3 und einer mit 4 Ventilen angefertigt. Da die Bohrung dieses Motors mit 60mm sehr schmal ausfiel, war die Lösung drei Ventile allein schon aus Platzgründen die vernünftigere. Tests mit verschiedenen Injektoren, die sich in Anzahl und Gestaltung der Einspritzlöcher, der Durchflussmenge und den Impulsen unterschieden zeigten, dass diese Variante auch die technisch bessere ist, da sich hier der Kraftstoff gleichmäßiger im Brennraum verteilt, was für eine vollständigere und sauberere Verbrennung sorgt, womit auch weniger Partikel ausgestoßen werden.
Wenn man einen 800ccm-Motor allerdings einigermaßen ordentlich vorankommen möchte, ist es erforderlich ihn entsprechend hoch aufzuladen, das heißt, sehr viel Luft in den Brennraum zu pumpen. Je höher die Leistung ist, desto mehr Feinabstimmung und Erprobung ist notwendig, damit ein so kleiner Motor auch hält und immer möglichst effizient bleibt.
Hierbei spielt zum Beispiel die Wahl der Spritsorte eine entscheidende Rolle. Besonders Biokraftstoffe mit höherem Ethanolgehalt sind hierfür sehr gut geeignet, denn sie erhöhen die Klopffestigkeit, halten also deutlich höhere Ausgangstemperaturen und Drücke im Brennraum aus, bevor sie sich selbst zünden. Damit ist es möglich, deutlich länger mit einem optimalen Kraftstoffgemisch zu fahren und somit den CO2-Ausstoß zu senken.
Natürlich muss dennoch gewährleistet sein, dass die Motoren bei noch größerer Leistungsabgabe oder beim Betrieb mit normalem Superkraftstoff entsprechend gekühlt werden. Wie bei allen Downsizingmotoren (erklärt beim A45 AMG), ist es möglich intern zu kühlen, das heißt einfach mehr Kraftstoff einzuspritzen, um die Klopfneigung zu verringern. Das bringt allerdings den unerwünschten Nebeneffekt des erhöhten Spritverbrauchs mit sich. Hierzu laufen weitere Untersuchungen, um Alternativen zu finden. Hierzu wurde ein hochaufgeladener 0,8 Liter 3-Zylindermotor entsprechend modifiziert, sodass zum einen das sehr späte Schließen des Einlassventils möglich war, zum anderen die Rückführung von gekühlten Abgasen. Diese Rückführung gibt es bereits bei heutigen Motoren. Das Ziel ist, durch weniger Frischluft weniger Schadstoffausstoß zu produzieren und damit zusammenhängend, ebenfalls einen Teil der Abgase noch einmal der kontrollierten Verbrennung auszusetzen, sodass weitere schädliche Partikel noch verbrannt werden können. Beim Forschungsmotor ist dieses Prinzip mit einer extra Abgaskühlung auf die Spitze getrieben worden, um trotz Rückführung das maximale an Leistung (Ausgangstemperatur so kühl wie möglich) herausholen zu können.
Bei einer solchen Konfiguration mit beiden Alternativen, verbrauchte der Motor 2% weniger Kraftstoff nach europäischem Normzyklus. In einem weiteren Test wurde nachgewiesen, dass auf schnellen Autobahnetappen mit diesen Kühlmethoden ohne Anfettung eine Leistungssteigerung von 8,5% möglich ist.
Soviel zur trockenen Theorie und Downsizingmotoren, die in nicht allzu ferner Zeit wohl auch in der Mittelklasse zur Basismotorisierung werden könnten. Man stelle sich nur vor, was der leere Motorraum eines Fünfer-BMW´s allein an zusätzlichen Möglichkeiten für die Gepäckunterbringung birgt! Doch Spaß beiseite, das war noch nicht alles. Schließlich wird unser Straßennetz auch von einer großen Zahl von Nutzfahrzeugen befahren.
Für die haben die Forscher auch etwas in Petto. Dass ein 30 Tonnen LKW nichts mit einem 0,8 Liter Motörchen anfangen kann, dürfte für jeden leicht zu verstehen sein. Schließlich ist ein gewaltiges Maß an Drehmoment vonnöten, um ein ebenso gewaltiges Gefährt erst einmal in Bewegung zu versetzen und am Berg auch in Bewegung zu halten. Augenscheinlich reicht die Kraft schon jetzt nicht mehr aus, um einen LKW auf der Autobahn am LKW des Mitbewerbers vorbei zu schieben. Man könnte natürlich auch einfach versuchen auf der Geraden zu überholen und nicht auf der Südseite des Mount Evererst. Das ist aber ein anderes Thema und so fange ich einen neuen Absatz an, um wieder auf den Ernst des Lebens, der mit Downsizing zwangsweise einhergeht, Bezug zu nehmen.
Bei Nutzfahrzeug Dieselmotoren haben sich die Forscher erst einmal vor Allem darauf fokussiert, die Leistung zu steigern, um dann später Möglichkeiten für kleinere Motoren zu erörtern.
Hierzu wurde ein variables Ventiltriebsystem entwickelt, welches elektrohydraulisch arbeitet und so keine Nockenwelle mehr benötigt. Die Öffnungs- und Schließzeiten der Ventile sind also voll variabel, unabhängig voneinander und auch noch stufenlos einstellbar. Damit ist eine Leistungssteigerung von 10% möglich. Ein weiterer Vorteil dieses Systems ist, dass es auch dazu genutzt werden kann, die Abgastemperaturen gezielt zu erhöhen. Das spielt vor Allem eine Rolle für die einwandfreie Funktion des Abgasreinigungssystems, welches so im optimalen Temperaturfenster gehalten werden kann.
Auch wenn mich dieses System begeistert, so blicke ich mit einem Schaudern in die Zukunft, in der Sound nur aus Boxen im Auspuff kommt und der Motor so klein ist, dass er auch in meine Modelleisenbahn passen könnte. Dass dieses Szenario unvermeidlich ist und ein wichtiger Schritt um Ressourcen und Umwelt zu schützen ist klar. Dennoch beneide ich manchmal die Leute, die Autos nur als Fortbewegungsmittel sehen. Es wäre alles so einfach.
Anmerkung: Die hier gezeigten Bilder sind nicht von mir. Die Bildbeschreibungen und Copyrightangaben sind bewusst übernommen worden. Die Quellen sind hinterlegt.
Hallo Philip,
klasse geschrieben!
Viele Grüße von
Jürgen
LikeLike
Vielen Dank! Freut mich immer zu hören, wenn es euch gefallen hat 🙂
LikeLike
Hallo Phil, ich bin einer dieser Menschen, die Autos mehr als Fortbewegung- und Transportmittel sehen. Ich kann aber auch nicht drauf verzichten (Beruf – 40 km zur Arbeit, Familie, Wohnort). Ich bin aber auch der Überzeugung, dass wir mehr für unsere Umwelt und Klima tun müssen, auch indem wir CO2 Levels senken.
Ich denke über ein Unser Klima Klimazertifikat nach. Man liest ja einiges Gutes aber auch Schlechtes. Haben Sie Empfehlungen?
Ich wünsche noch einen schönen Tag.
LikeLike
Hallo.
Ich bin der Meinung, dass wir durchaus unseren CO2 Ausstoß senken sollten, dies aber an der vollkommen falschen Stelle versuchen. Im Vergleich zum Automobil gibt es andere Bereiche, in denen viel mehr Schadstoffe ausgestoßen werden. Allen voran die Schifffahrt, oder auch Kohlekraftwerke. Das Auto muss es nur ausbaden.
Zum Thema Empfehlung gehe ich davon aus, dass Sie dies auf Autos beziehen. Ich bin ein großer Gegner der reinen Elektromobilität. Unpraktikabel, im großen und ganzen extrem schmutzig und auf lange Sicht nicht zukunftsfähig. Sie sollten daher zu einem Hybridfahrzeug greifen, welches auch rein elektrisch fahren kann.
Liebe Grüße
LikeLike
Hallo Phil, vielen Dank fürs Feedback. Ja, stimme definitiv zu! Fliegen, z. B. ….auch nicht toll! Aber ich sehe auch nicht, dass sich irgendwas schnell ändern wird, wie es eigentlich notwendig wäre und deshalb glaube ich, dass jeder einzelne was für Klima und Umwelt tun kann, ob es weniger Fliegen, weniger Fleisch essen, weniger Plastik einkaufen oder weniger Autofahren ist. Auf Regierungen braucht man glaube ich nicht zu warten! Ich habe jetzt UnserKlima.de gefunden und kompensiere meinen ökologischen Fussabdruck zusätzlich mit einem Unser Klima Klimazertifikat. Unser Klima bietet CO2 Kompensation aus regierungsregulierten Projekten, die auf Regenerierung der Vegetation spezialisiert sind, an. Das Zertifikat kommt mit Projektnr. und Anzahl der eingesparten CO2 Tonnen. Ich finde das super. Wünsche noch eine tolle Woche! Max
LikeLike