Wasser-Methanol-Einspritzung

Es gibt unheimlich viele Wege, die Leistung eines Verbrennungsmotors zu steigern. Der leistungshungrige Mensch tüftelt quasi seit der Erfindung des Automobils daran, über das Maß der Serienleistung hinaus zu kommen. Im Laufe der Zeit wurden somit viele Mittel und Wege entdeckt, aus Schafen Wölfe zu machen. Egal ob durch die Hersteller selbst, oder durch Hinterhoftüftler, die unbedingt ihren nervigen Nachbarn verseilen wollten. Oft klappte es und der Nachbar machte große Augen. Genauso oft flog aber der Motorblock dem tüftelnden Besitzer unter dem lauten Gejohle des gehässigen Ekels hinter dem Zaun um die Ohren. Ist zwar peinlich, gehört aber dazu, wie uns die Geschichte lehrt. Eine dieser Tuningvarianten, die am Anfang vielen Motoren das Leben kostete, nun aber selbst von BMW genutzt wird, ist die Wasser-Einspritzung oder die Wasser-Methanol-Einspritzung. Wozu ist sie gut und wie funktioniert sie?

Um zu klären, woher diese Methode kommt, tauchen wir doch kurzzeitig in die Geschichte ab. Zu Zeiten des zweiten Weltkrieges nutzte die deutsche Luftwaffe in einigen Flugzeugen aufgeladene Flugmotoren. Um in besonders brenzligen Situationen dem Feind den entscheidenden Schritt voraus zu sein, konnten die Piloten die Motoren kurzzeitig mit sogenannter „Sondernotleistung“ (ca. 550PS mehr) betreiben. Diese zog allerdings auch eine enorme Steigerung der Motortemperatur nach sich, die den Motoren leicht schaden konnte. Um diesen unschönen Nebeneffekt auszumerzen, wurde sogenanntes MW-50 genutzt, ein Methanol-Wasser-Gemisch aus 50% Methanol, 49,5% Wasser und 0,5% Schutzöl. Dieses Gemisch wurde der Ladeluft vor Eintritt in den Motor zugeführt, welche dadurch stark abgekühlt wurde und die erhöhte Leistung ohne Gefahr für Leib und Leben des Piloten, oder des Motors, ermöglichte.wassermethanoleinsprphilipsautoblog-1

In den 80er Jahren wurde dieses Prinzip in der Formel 1 wieder entdeckt. Die Turbomotoren erfreuten sich großer Beliebtheit und wurden von Renault und Ferrari im Jahr 1983 erstmals mit WAES (Wassereinspritzung) betrieben, welche ab einem Ladedruck von etwa 2,5 bar einspritzte. Später wurden Turbomotoren aufgrund der wahnwitzigen Leistungen von bis zu 1.350PS in der Formel 1 untersagt, was auch das Ende der WAES in der Königsklasse markierte.
Heutzutage findet sich das System im Motorsportbereich vor allem im Rallyesport und bei Dragstern wieder.wassermethanoleinsprphilipsautoblog-7

Bei straßenzugelassenen Fahrzeugen findet man das System kaum. BMW verbaute eine Wassereinspritzung in seinem, inzwischen ausverkauften, M4 GTS und bewarb es vor und während der Markteinführung dermaßen, dass man dachte: „Fantastisch! Das gab´s ja noch nie!“. Das ist allerdings nicht ganz richtig. Als Erster stellte Saab Ende der 70er/Anfang der 80er ein Auto mit WAES her. Der Saab 99 Turbo mit WAES ist extrem selten und heutzutage sehr begehrt.
Als Zweiter steckte Subaru das System in eines seiner Autos. „WRX 22B STi“ hießen sie, es gab 400 Stück, alle handgefertigt, alle mit einem 2,2l Turbo, 280 PS und alle binnen 48h ausverkauft.wassermethanoleinsprphilipsautoblog-6

So, Geschichtsstunde vorbei, Zeit für Technik. Zuallererst: Wassereinspritzung gibt es für alle Motorvarianten. Egal ob für aufgeladene Benziner, aufgeladene Diesel oder Saugbenziner. Lediglich Saugdiesel schauen in die Röhre.
Die mögliche Leistungssteigerung ist bei Turbodieseln mit bis zu 25% am höchsten. Danach kommen aufgeladene Benziner mit bis zu 20% und das Schlusslicht bilden die Saugmotoren, bei denen bis zu 10% Mehrleistung drin ist.

Die Wirkungsweise ist relativ simpel. Das Wasser bzw. Wassergemisch wird extrem fein zerstäubt und mit hohem Druck in die Ladeluft eingespritzt. Dabei kühlt sie diese um bis zu 60°C herunter. Hierdurch wird zum einen die Brennraumtemperatur erheblich gesenkt, zum anderen ist eine höhere Leistungsabgabe möglich, da sich die Luft mit dem Abkühlen auch verdichtet.bmw-water-injection-images-03-750x500

Viele Motoren, insbesondere im Downsizingbereich, werden mit Benzin gekühlt, wie etwa der A45 AMG. Wasser kann diesen Job aber erheblich besser erfüllen, da es bis zu 6 mal so viel Energie aufnehmen kann, wie Benzin. Wenn es im Brennraum verdampft wird, absorbiert es einen großen Teil der Wärmeenergie, was viele Bestandteile des Motors schont und zum anderen den Kolben mit zusätzlichem Druck, durch den Wasserdampf, nach unten drückt.
Des weiteren wird die Klopfneigung des Motors deutlich reduziert, was dem Tuner erlaubt, den Zündwinkel noch einmal ein paar Grad zurück zu drehen, was wiederum ebenfalls leistungssteigernd wirkt. Ein weiterer Vorteil ist zudem, dass der Wasserdampf viele Teile, wie etwa die Ventile, erstaunlich sauber hält und es so nicht zu Verkokung kommt.wassermethanoleinsprphilipsautoblog-4

Wieso also noch Methanol hinzufügen, wenn Wasser alleine doch auch schon bombastisch funktioniert? Methanol erhöht nicht nur die Klopffestigkeit noch einmal enorm, sodass man sagen kann: „Gib der Karre endgültig die volle Ladung!“, sondern fungiert auch noch als eine Art Kraftstoff. Wer also das absolute Maximum aus seinem Motor holen möchte, der sollte zusätzlich noch Methanol zum Wasser hinzugeben. Teuer ist das übrigens nicht. Je nach Anbieter kann man mit 2€ pro Liter rechnen. Ein getunter Golf GTI würde bei Vollgas etwa 0,2 Liter Gemisch pro Minute brauchen. Das System ist einstellbar und in einem bestimmten Ladedruckbereich aktiv, wobei es egal ist, ob es das von 0,5 bis 1,2 bar oder von 1,4 bis 3 bar geschieht. Es aktiviert sich also nur, wenn Leistung gefordert wird und sich die Belastung des Motors somit erhöht. Das Wasser befindet sich in handelsüblichen Plastikbehältern. Standardmäßig werden kleinere Tanks im Motorraum verbaut, oder die Wischwasserbehälter umfunktioniert. Allerdings können auch größere Tanks in den Kofferraum eingebaut werden. Wer also nicht sooft nachtanken möchte, zugegeben auch die nervigste Eigenheit eines solchen Systems, der sollte auf etwas Platz im Kofferraum verzichten.wassermethanoleinsprphilipsautoblog-3

Das Allerbeste kommt aber noch. Sobald sich wieder die Ökos aufregen, was man denn mit immer mehr Leistung will und das mehr Leistung immer mehr Benzin braucht, was auch der Umwelt schadet, so kann man ihnen gekonnt entgegen schmettern, dass durch WAES auch der Schadstoffausstoß extrem zurück geht. Dies wird hauptsächlich über die geringere Abgastemperatur erreicht, die vor allem bei Dieseln um bis zu 140°C sinkt.wassermethanoleinsprphilipsautoblog-2

Eine feine Sache also. Ist Wassereinspritzung aber auch die beste Art des Tunings? Meiner Meinung nach: Nein. Mit Sicherheit ist WAES eine der Tuningmöglichkeiten mit den wenigsten negativen Nebenwirkungen und vielen Vorteilen. Allerdings muss man sich auch immer vor Augen halten, dass der Einbau ziemlich aufwendig ist, man einige Löcher bohren und darauf achten muss, dass immer genug Gemisch vorhanden ist. Mit Mehrleistung kann man anschließend rechnen, Drehmoment bringt das System aber kaum. Ich persönlich würde immer „klassisches“ Tuning, wie Softwareoptimierung, Downpipe, Ladeluftkühler etc. bevorzugen. Sobald es aber ans Eingemachte geht und man sich ein Turbomonster züchten möchte, führt kein Weg mehr an diesem System vorbei. Die besten Beispiele hierfür sind diverse Nissan GTR oder auch Golf 2 mit aufgepumpten 2l Turbos und über 700PS.
Bei Saugern verhält es sich anders. Der Leistungszuwachs ist hier im Vergleich zu aufgeladenen Motoren zwar am geringsten, aber in Verbindung mit einer Softwareoptimierung, die individuell auf das Fahrzeug abgestimmt wird, ist hier einiges an Leistung drin und das auch noch zu einem attraktiveren Preis-Leistungsverhältnis, als es etwa bei einer scharfen Nockenwelle der Fall ist. Ordentliche Systeme gibt es bereits ab 400€, bei Saugmotoren sind sie zumeist etwas teurer.

Anmerkung: Die hier gezeigten Bilder sind nicht von mir. Die Quellen sind hinterlegt.

11 Kommentare zu „Wasser-Methanol-Einspritzung

  1. Vielen Dank für diesen Artikel über Wasser-Methanol-Einspritzung. Sie haben Recht, dass es mehrere Möglichkeiten gibt, die Funktion des Motors zu optimieren. Wartung ist so wichtig. Außerdem wird Ihr Motor ohne Wartung viel schneller verschleißen.

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  2. zur geschichtsstunde ….die ersten serien turbos , die oldsmobile jetfire hatten 1962 bereits das sogenannte “ turbo rocket fluid “ das ein 50/50 wasser methanol gemisch war , bereits auf dem markt

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  3. Hallo,
    ist die Leistungssteigerung mit 1 Düse beim 2.0 TFSI der Edition 30 Motor vom Golf 5? Sind das wirkliche 27 Ps und 3 Nm mehr nur durch die 50/50 (Ist es überhaupt 50/50 oder reines Wasser?) WMEinspritzung?
    Oder wurde die Software auf die WME abgestimmt?

    Liebe Grüße

    Andre

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    1. Hallo Andre,
      dass ich weiß wie die Technik funktioniert heißt leider nicht, dass ich mich flächendeckend mit allen Systemen für alle Modelle auskenne. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass ohne Softwareanpassung eine derartige Mehrleistung erzielt wird. Ein normaler Golf 5 ist nicht so ausgereizt, dass er eine zusätzliche Abkühlung bräuchte. Daher würde er auf eine solche denke ich auch nicht reagieren. Eine größerer LLK bringt ohne Anpassung ja auch keine Mehrleistung.

      VG
      Philip

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      1. Laut deinem verblogten Diagramm ist sieht das so aus, als wäre ohne Softwareanpassung eine Mehrleistung von 27 Ps erzielt worden …
        Denn wäre da eine Software drauf gewesen, wäre da Minimum eine 300 (Ps) vorstehen müssen, was man nämlich ohne WME schon erreicht.
        Ich habe schon nen richtig guten LLK verbaut, naja einer der besten und jedesmal wenn ich die Klimaanlage einschalte, kühlt der Kondensator, der vorm LLK ist, den LLK so runter, dass man dann jedesmal nen Schub mehr unter anderem bekommt. Und das auch bei den jetzigen Temperaturen von 5-8 Grad. Deswegen vermute ich mal, dass mit der WME auch eine Leistungssteigerung erzielt wird, vor allem durch die extra Methanol bzw. bei mir dann die Ethanol Einspritzung.

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  4. Warum gibt es Wassereinspritzung oder Wassermethanoleinspritzung nicht öfter bei Serienwagen?

    Besonders bei Turbodieseln wäre es doch interessant und hätte uns den VW Abgasskandal ersparen können. Ich meine es ist doch kein Problem beim Tanken einfach noch ein zweiten Zapfhahn für Wasser zu haben. Man könnte das Wasser ja während des Kraftstofftankens auffüllen.
    Wer hätte nicht gerne mehr Leistung, weniger Sprittverbrauch und weniger schädliche Abgase, noch dazu einen saubereren Brennraum für ein bisschen Wasser? Den Tank würde man sicher noch irgendwo unterbringen. Man findet ja auch bei Hybridautos für die entsprechenden Elektrosysteme Platz.

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    1. Hallo Tobias,

      das hat denke ich mehrere Gründe. Zum einen hängt viel von der Abgasnorm ab. Motoren sind auf ein bestimmtes Arbeitsfenster ausgelegt, was die Temperaturen angeht. Wenn man nun Wasser einspritzt, wird es kühler. Natürlich kann man mehr Leistung fahren, aber bei einem Brot und Butter Auto ist das nicht nötig. Wenn dann die Leute kein Wasser nachfüllen würden, hätten die Autos nicht nur weniger Leistung, sondern müssen auch problemlos laufen. Das muss alles validiert und getestet werden und kostet Geld. Das System selbst ist auch nicht billig. Denn neben einer Konstruktion dafür, die einspritzt, muss auch dafür gesorgt werden, dass das Wasser im Winter nicht gefriert. Wenn das Auto nun längere Zeit steht, kann das die Batterie leer ziehen, sofern man Materialverschleiß verhindern möchte. Zu guter Letzt heißt es: so viel machen wie nötig. Nicht so viel wie möglich. Bis jetzt geht eine Kosten Nutzen Rechnung nicht auf für so ein System.

      Viele Grüße
      Philip

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      1. Das diese Wasserseinspritz Systeme nicht verbaut werden hängt meiner Meinung nach mit der zu erwartenden Steuer Mindereinnahme zusammen gepaart mit dem Wunsch den geplanten Verschleiß zu erhöhen.
        Wenn die Politik bekundet der Energieverbrauch muss sinken heißt das noch lange nicht das es auch wirklich gewollt ist.

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      2. Das ist ne sehr schwierige Aussage, weil das sehr nah an einer Verschwörungstheorie dran ist. Gerade auch, weil der Staat neue Technologien fördert und hier deutlich mehr Geld verliert als durch ein paar Euro weniger Steuern.
        Die Verschleißerhöhung als Grund anzuführen ist ebenso nicht belegbar, weil sehr viele Motoren noch extrem viel Luft nach oben haben und garnicht so verschleißfreudig sind.

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