Es gibt Autos, die sind nur zum fahren da. Autos, die ihre Besitzer von A nach B bringen müssen und weiter nix. Autos ohne Emotion. So wie die meisten Toyotas. Sozusagen die Vollkornbrote der Automobilwelt. Dann gibt es noch die anderen. Die Quarkbällchen, die Schokokuchen, die Leckereien, die dick machen und eigentlich total unvernünftig sind. Auf die Autowelt übertragen sind das die Autos, die dich vielleicht nicht ganz so zuverlässig von A nach B bringen, die hier und da eventuell eine Macke haben und sich hier und dort auch den besonderen Schluck mehr genehmigen. Dafür machen sie dich auf eine ganz besondere Art glücklich. Mit Emotionen, mit ihren Eigenheiten und mit ihrem Aussehen. Autos wie mein Alfa.
Leute, die eher auf die erste Art von Autos stehen, werden dass jetzt nicht verstehen. Die, die diesen Blog lesen, sind aber eher Anhänger der zweiten Art. Und ihr versteht mich, oder? Natürlich braucht er viel. Natürlich hat er die ein oder andere Macke, die nervig ist. Aber wie schon in der Einleitung beschrieben ist ja gerade das das Liebenswerte. Ich schaue mir meinen Alfa an, denke daran, dass ich ihn verkaufen möchte und werde sehr wehmütig.
Diese Sätze habe ich vor dem Verkauf geschrieben. Jetzt habe ich es hinter mich gebracht. Kennt ihr diesen Moment, wenn euer Auto um die Ecke fährt und ihr denkt: „Jetzt ist er weg und ich sehe ihn wahrscheinlich nie wieder.“ Wird der nächste Besitzer sich gut um ihn kümmern? Wird er ihn immer schön warm fahren? Diese und viele weitere Fragen geistern einem durch den Kopf. Und das alles, obwohl die letzten Tage alles andere als gut verliefen..
„Kann ich mir den mal anschauen?“
„Ja klar am Mittwoch Abend wäre gut.“
Der potenzielle Käufer hatte keine Ahnung von Autos. Dafür hatte er aber seinen mehr als unsympathischen Freund mitgebracht. Kennt ihr die, die das Auto schon schlecht machen, bevor sie es überhaupt gesehen haben?
„Is schon ein wenig teuer oder? Ich hab mal im Internet geschaut. Die gibt´s wesentlich günstiger!“
„In der Ausstattung? Mit der Laufleistung? In dem Zustand?“
Natürlich sagen sie dann „Ja“. Was sollen sie auch sonst sagen?
„Ja.“
„Warum sind sie dann hier und nicht bei dem anderen?“
„Wieviel willst du denn mindestens haben?“
„So handel ich nicht aber wegen mir: 3200€“
„Das ist zu viel!“
„Wir wissen beide, dass es das nicht ist. Und selbst wenn: Ich muss nicht verkaufen. Ich hab keinen Druck.“
Um´s kurz zu machen. Der eigentliche Verkäufer war sympathisch und hatte Interesse. Seinem Kumpel hätte ich das Auto sowieso nicht verkauft. Einfach aus Prinzip. Wir verstehen uns..
„Meine Freundin muss sich den nur noch anschauen. Sie wollte nen Fünftürer und keinen Dreitürer.“
„Na klar. Kommt Samstag vorbei.“
Am Samstag wurde das Auto angeschaut und für gut befunden. Ich wollte wissen, ob die beiden eine Runde fahren wollten.
„Du kannst ja mal eine Runde mit ihr fahren.“
„Du willst das Auto doch kaufen. Wieso fährst du nicht?“
„Nein mach du mal.“
Diese Entscheidung habe ich bis heute nicht verstanden. Wieso weigert man sich strikt mit einem Auto zu fahren, was man kaufen will? Hattet ihr auch schon mal so einen? Das würde mich sehr interessieren, insbesondere mit einer Begründung oder wenigstens Interpretationsversuchen. Dafür gibt es die Kommentarfunktion. 😉
In Ermangelung eines, sich freiwillig zur Verfügung stellenden Fahrers, habe ich den Part des Vorführens übernommen und seiner besseren Hälfte mal gezeigt, was das Auto so drauf hat, wie die Kurvenlage ist und wie schnell man sein muss, um geblitzt zu werden. Bilanz bis jetzt also -15€. Meine Schuld, blöd gelaufen.
Die Laune hab ich mir nicht verderben lassen. Das geschah erst, als ich unten um die Ecke bog und zu unserer Siedlung hinauf fuhr. Ich hörte ein *kracks* , danach ein ziemlich schlimmes Knarzen und meinen, vor Erschrecken weit aufgerissenen Augen eröffnete sich im Rückspiegel der Anblick einer großen Rauchfahne, die sich hinter meinem Auto herzog.
Ausgerechnet während der Probefahrt. Meine schlimmste Befürchtung: Das Differenzial hat sich verabschiedet. Ich also im Schleichgang zur Werkstatt meines Vertrauens gefahren (nur etwa 800m entfernt). Plötzlich ein ziemlich lauter Knall, der linke hintere Reifen ist platt. Ah super! Also nicht das Diff!
In der Werkstatt angekommen, Ding auf die Hebebühne:
„Da hast du aber echt Glück gehabt.“
„Jup, wenn das auf der Autobahn passiert wäre, wäre es unschön geworden.“
Also Glück im Unglück. Der Teller des Stoßdämpfers war abgebrochen, die Feder war nach unten abgesackt und hatte sich in den Reifen gebohrt. Daher auch der Rauch.
Die Käufer für ihren Teil, hatten nach wie vor ihre gute Laune nicht verloren und waren immer noch wild entschlossen das Auto zu kaufen. Der Rest ist nicht der Rede wert. Nur der Unsympath war während der Abholung wieder dabei.
Der Artikel für mein neues Auto steht übrigens schon in den Startlöchern. Auch bei dem könnt ihr wieder eine Entscheidung treffen und diesmal höre ich auch auf euch. Versprochen. Denn soviel sei verraten: Es wurde nicht der Sieger der Abstimmung.
Schöner, amüsanter Bericht über einen anscheinend aufreibenden Autoverkauf. Schade, daß der Alfa weg ist, da hattest Du ein wunderschönes Auto.
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Sehr schöner Artikel.
Kann deine Denkweise nachvollziehen. Es ist für Liebhaber nicht einfach sich zu trennen. Stehe vor der gleichen Situation. Aber ich bekomme es nicht über Herz mein geliebten Clio RS zu verkaufen :))))
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Vielen Dank 🙂
Wenn ein Auto folgt, welches eine Steigerung zum momentanen darstellt, kann man sich vielleicht überwinden. Jedes neue Auto ist auch eine neue Möglichkeit, sich zu verlieben. 😉
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