Antriebskonzepte und ihre Merkmale

Ich hatte das Vergnügen in meinem Leben schon einige Autos fahren zu dürfen. Teilweise auf der Straße, teilweise auch am Limit auf der Rennstrecke. Jedes Fahrzeug hat seine eigene Charakteristik. „Klar“ werden die meisten sagen, „kommt von der Fahrwerksabstimmung, vom Radstand, Gewicht und dergleichen.“ Natürlich tut es das. Es gibt aber noch einen Faktor, der die Fahrdynamik ganz entscheidend beeinflusst: das Antriebskonzept und die Position des Motors. Und da stellt sich gleich die immens wichtige Frage: welches ist das Beste?

Ein Porsche 911, die Ikone des Sportwagenbaus beispielsweise, hat einen Heckmotor. Das ist übrigens vom Käfer übernommen worden. Die Autos zur Zeit der Entwicklung des Käfers hatten allesamt einen relativ großen Vorderbau für die Frontmotoren und relativ wenig Platz für Gepäck. Ferdinand Porsche wollte das ändern und entwickelte mit dem Käfer ein Auto, was Platz für vier Personen plus Gepäck hatte. Der Motor saß aus Traktionsgründen hinten. Der erste Käfer war mit 23,5 PS zwar nicht atemberaubend leistungsstark, die Fahrwerkstechnik dieser Zeit hatte aber durchaus ihre Tücken. Mehr Gewicht auf den Hinterrädern konnte also nicht schaden. Der Boxermotor bildete zusammen mit dem Getriebe eine kompakte Einheit, die flach baute, was zusätzlich eine aerodynamische Linie der Karosserie möglich machte. Im Laufe der Zeit bekamen auch weitere Autos aus dem Hause Fiat (500) oder Renault (Alpine) einen Heckmotor.

Der erste 911 mit Turboaufladung – der 930 Turbo

Heckmotor

Genug vom Geschichtskurs, hier die Fakten: Fahrzeuge mit Heckmotoren sind in aller Regel auch heckangetrieben. In neueren Zeiten gibt es sie nun auch mit Allradantrieb. Motor, Getriebe und Hinterachse sind als Vormontageeinheit im Heckbereich angeordnet, das Getriebe liegt vor dem längs eingebauten Motor Richtung Fahrzeugmitte. Was die Anordnung betrifft, ist dieses Konzept nicht gerade schrauberfreundlich, was man sehr schön in Porschewerkstätten sehen kann.
Vorteile hat dieses Konzept aber dennoch. Zum einen der oben erwähnte, mechanische Grip. Je leistungsstärker das Auto ist, desto mehr fällt dieser Vorteil ins Gewicht. Zusätzlich erfolgt keine Wärmeabstrahlung ins innere des Autos, auch aufgrund des Luftdrucks entgegen der Fahrtrichtung. Ein flach bauender Tunnel ist ebenfalls möglich, da nur das Schaltgestänge nach vorne gereicht werden muss und ein Allradantrieb ist aufgrund des längs angeordneten Aggregats genauso einfach zu realisieren – zumindest was die prinzipielle Konstruktion angeht.

Was uns gleich zu den Nachteilen bringt. Denn hier stecken die gleichen Ursachen dahinter, wie bei den Vorteilen. Durch die hohe Hinterachslast, die die erwähnte gute Traktion ermöglicht, ist ein ebenso gutes Achskonzept vonnöten. Andernfalls kann man die Fahreigenschaften in die Tonne treten. Schon mal einen alten 911er gefahren? Dann wisst ihr, was ich meine. Die Kühlmittelleitungen sind ellenlang, da die Kühler vorne, die Aggregate aber hinten sitzen. Für Heizung und Klima gilt natürlich das Gleiche. Eine Karosserievariabilität ist quasi nicht vorhanden, was den Bau von Kombis ausschließt. Wenn jetzt einer drunter schreibt, dass es sowas gibt, dann sag ich: weiß ich, würde aber kein Schwein kaufen, weil die Einkäufe auf der Fahrt nach Hause schon schön durchgewärmt wären – auch mit Wärmedämmung. (die oben beschriebene, fehlende Wärmeabstrahlung gilt nur für die klassischen Heckmotor-Karosserieformen) Zu guter letzt ist die Konstruktion und der Bau einer Abgasanlage schwierig, da einfach deutlich weniger Platz vorhanden ist, als wenn man den ganzen Weg von vorne unter dem Auto hätte.

Mittelmotor

Jetzt schließt kurz die Augen und stellt euch vor, dass wir den Motor packen und mit unbändiger, hulkähnlicher Kraft nach vorne schieben, bis er in der Mitte des Autos angekommen ist. Das hässliche Knirschen ignorieren wir dabei. Jetzt haben wir ein Mittelmotorfahrzeug und freuen uns unseres Lebens. Denn jetzt sind wir bei einem Antriebskonzept, was sowohl als Längseinbau als auch als Quereinbau möglich ist. Beispiele? Längs eingebaute Motoren findet man bei Lamborghini oder Audi. Quer eingebaute bei Lotus. Im Gegensatz zum Heckmotor ist der Motor hier aber vor dem Getriebe angeordnet und nicht dahinter. Warum? Der Weg zu den Rädern ist hier kürzer und somit wesentlich weniger kompliziert.

zugegebenermaßen ein radikales Beispiel – aufgeladener R8 V10 – der Motor sitzt in der Mitte des Fahrzeugs

Die Vorteile bei diesem Antriebskonzept beziehen sich vor allem auf die Fahreigenschaften. Zum einen ist hier immer noch viel Gewicht auf der Hinterachse, gleichzeitig ist aber die Achslastverteilung sehr ausgeglichen. Dadurch fährt sich ein Mittelmotorsportwagen sehr agil, kann aber auch schnell zickig werden. Ein Kofferraum ist, im Gegensatz zum Heckmotor, vorne und hinten möglich. Der Mitteltunnel kann ebenfalls flach gehalten werden, solange kein Allrad verbaut wird.

Auch die Nachteile sind in weiten Strecken deckungsgleich mit der des Heckmotorantriebs. Hier werden ebenfalls lange Leitungen für Kühler, Klimaanlage und Heizung benötigt. Viele Karosserievarianten stehen auch nicht zur Auswahl und mehr als zwei Sitze sind in der Regel auch nicht möglich. Da das Getriebe hinter dem Motor sitzt, ist eine Handschaltung auch eher kompliziert zu bewerkstelligen und von der Wartung will ich gar nicht erst anfangen. Die ist teilweise noch schlimmer als beim Heckantrieb.

Frontmotor

Jetzt fehlt nur noch eine Position: die wo der Motor vor der Fahrgastzelle sitzt, was auch gleichzeitig am verbreitetsten ist. Auch hier kann der Motor längs oder quer eingebaut werden, wobei das Getriebe, räumlich gesehen, entweder neben (quer) oder hinter (längs) dem Motor sitzt. Bei längs eingebauten Motoren besitzt das Fahrzeug in den häufigsten Fällen auch Heckantrieb, weil es sich einfach anbietet. Beim Audi A4 b5 beispielsweise hat man das gekonnt ignoriert und längs eingebaute Motoren mit Frontantrieb gekoppelt..wer es mag. Allradantrieb ist bei beiden Bauarten möglich.

Die Vorteile liegen auf der Hand und zudem müssen sie schwerwiegend sein, denn sonst würden die meisten Autos nicht mit einem Frontmotor ausgestattet werden. Da wäre zum einen die kompakte Bauweise (es sei denn man fährt einen SLS) mit den kurzen Leitungen zu allen wichtigen Nebenaggregaten und Kühlern. Durch die Stirnwand, die ohnehin jedes Fahrzeug braucht, damit es im Innenraum nicht so zieht, ist relativ leicht so auszulegen, dass Geräusche gut gedämmt werden können. Im Falle eines Frontalaufpralls fungiert der Motor als Knautschzonenverstärkung, weswegen die Karosserie selbst etwas entlastet wird. Im Gegensatz zum Heckantrieb hat man allen Platz der Welt, um eine Abgasanlage unter dem Auto entlangzuführen und im Falle eines Frontantriebs ist die gesamte Antriebseinheit inklusive Vorderachse als eine Einheit vormontierbar, was Zeit und Geld spart (womit wir beim wichtigsten Vorteil für die Hersteller wären). Zudem drückt eben jenes Paket ordentlich auf die Vorderräder, was für gute Traktionsverhältnisse sorgt.

klassisches Frontantriebskonzept mit quer eingebautem Frontmotor – hier aus einem Mazda 3 MPS

Aber wo Licht ist, ist auch Schatten und davon nicht mal wenig. Zumindest wenn es um die Fahrdynamik geht, weshalb die meisten ernst zu nehmenden Rennwagen wohl auch Heckantrieb haben. Aber genug vom Frontantriebsbashing und lasst uns endlich zu den Nachteilen kommen. Da wäre zu Anfang schon mal das Problem, dass bei quer eingebauten Motoren die Zylinderzahl auf 6 beschränkt ist. Ist jetzt nicht sehr tragisch, vor allem heutzutage wo gefühlt jeder durchschnittliche, politisch korrekte Mensch einen Anfall bekommt, wenn ein Auto mehr als 4 Zylinder hat (immer mehr bekommen ja schon einen, wenn ein Auto überhaupt Zylinder hat, worin Kraftstoff verbrannt wird) – ist aber dennoch zu erwähnen. Weiterhin nimmt die Traktion merklich ab, je mehr Zuladung ins Heck kommt. Gerade beim harten Beschleunigen und Bergauffahrt ist dieses Problem auffällig – zumindest beim Frontantrieb, beim Heckantrieb bekommt ihr hier sogar mehr Grip. Dafür natürlich wieder weniger, wenn nichts zugeladen ist.

Alles hat also seine Vor- und Nachteile. Der Heckantrieb beim in der Front angeordneten Motor ist wesentlich fahraktiver, dafür aber im alltäglichen Gebrauch etwas unpraktischer, weil er unter dem Auto mehr Platz braucht, was direkten Einfluss auf die Größe des Fahrzeuginnenraums hat. Der Frontantrieb hingegen, bietet in der Folge seiner Konstruktion mehr Platz, ist aber weniger fahraktiv und die Vorderreifen werden wesentlich stärker beansprucht, da sie nicht nur Seitenkräfte aufnehmen müssen, die bei Kurvenfahrten entstehen, sondern auch das Antriebsmoment ertragen müssen. Und wenn diese beiden Belastungen gemeinsam auftreten, dann wird aus Haftreibung schnell Gleitreibung und es entsteht Untersteuern.

So jetzt kommt noch die Schlussfolgerung und die Antwort auf die Frage, die am Ende wahrscheinlich sowieso die einzige ist, die zählt: was ist das beste Antriebskonzept? Kann man so nicht sagen, da es immer auf den Anwendungsfall ankommt. Den Heckmotor würde ich auf den letzten Platz verbannen. Es grenzt an ein Wunder, dass Porsche es schafft, Generation für Generation wieder den Klassenprimus zu setzen mit einem Antriebskonzept, was mehr oder weniger eine Notlösung aus dem VW Käfer war.
Fahrdynamisch würde ich den Mittelmotor auf Platz 1 setzen. Der Schwerpunkt des Wagens liegt relativ zentral, es ist immer noch genug Gewicht auf den Hinterrädern und gleichzeitig auch auf den Vorderrädern, sodass sowohl Traktion beim Beschleunigen, als auch in der Kurvenfahrt gegeben sind. Zudem hat man die Chance, zwei Kofferräume zu verbauen, wie beim Porsche Cayman. Leider muss man dafür auf ein Lederkissen verzichten, welches Porsche im 911 als Rücksitzbank bezeichnet.
Der Gewinner ist am Ende wohl der Frontmotor, da er in der Summe seiner Eigenschaften die größte Bandbreite bietet. Viel Platz, eine ordentliche Performance ist auch möglich, egal wie er verbaut wird und außerdem ist man bei den Karosserieformen nicht eingeschränkt. Er ist wohl nicht ohne Grund die häufigste Bauform.

Anmerkung: einige der hier gezeigten Bilder sind nicht von mir. Die Quellen sind wie immer in der Bildbeschreibung hinterlegt

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