Die Gruppe der sogenannten „Kompaktsportler“ erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit. Das ist auch vollkommen nachzuvollziehen. Wer hat nicht gern einen Wolf im Schafspelz mit circa 200 PS, mit dem er nach Lust und Laune Vertreterdiesel ärgern, oder den ein oder anderen BMW-Fahrer zum verzweifeln bringen kann? Eben. Ich für meinen Teil bin ein großer Fan solcher Autos. Was würde also näher liegen, als sich mit der Zeit einen nach dem anderen vorzuknöpfen? Material ist genug vorhanden. Peugeot, Renault, Ford,… und wenn man eine Klasse höher ins Regal greift, auch etwa BMW oder Mercedes. Nun gut, man muss zugeben, dass man sich, gerade bei diesen Kandidaten ordentlich strecken muss, um in dieses Fach des Regals zu gelangen. Das ist allerdings nicht der einzige Punkt. Viele werden sich in diesem Moment sowieso denken: „BMW? Mercedes? Das ist doch mindestens Golf Klasse. Klein also schon mal nicht wirklich und man denkt von vornherein an Leistung.“ Nun gut. Aber ein 114i hinkt einem M135i dann doch ein Stück hinterher. Und für Kenner ist es, solange bei der Bestellung das Kreuzchen an „Modellschriftzug Entfall“ gemacht wurde, eben nur an den zwei Auspuffrohren zu erkennen. Doch wir schweifen ab. Also können wir uns wieder bequem, ohne unsicheren Stand auf den Zehenspitzen, ungefähr auf Augenhöhe, im Regal den Clio R.S. 200 anschauen.
Manche von euch werden sich hier etwas wehmütig an den alten zwei Liter Sauger aus der letzten Modellreihe entsinnen. Doch der ist leider Geschichte. Wieso? Downsizing. Dass das nicht mal was bringt, dazu später. Da ich leider keinen R.S. in der Garage stehen habe, musste ich zum freundlichen Renault-Händler um die Ecke fahren. Dieser Vertreter aus der Schneider-Gruppe ist sehr sportlich eingestellt und hatte zum damaligen Zeitpunkt auch gleich ein entsprechendes Exemplar da. Nach 5 Minuten Papierkram ging es raus.
„Du kennst dich aus? Oder soll ich Dir was erklären?“ „Nein, nein..mein Pa hatte den Laguna. Ich finde mich schon zurecht. Wenn was ist schrei ich.“ Endlich allein mit dem Hoffnungsträger auf das Spaßmobil des Jahres. Als Nachfolger auf den erfolgreichen Vorgänger fast schon Pflicht. Nun gut. Sehen wir Ihn uns mal von außen an. Das Heck mit zwei schmal gehaltenen Rücklichtern und zwei kantigen Auspuffrohren. Dazu eine kleine Heckscheibe. Alles sehr stimmig und sportlich. Von der Seite auch sehr hübsch. Durch den Türgriff der Hintertür in der C-Säule fällt gar nicht auf, dass der Renault ein 5-Türer ist. Dazu die Seitenschweller, die die Seite etwas hinunter ziehen und somit das Auto tiefer wirken lassen, als es sowieso ist. Ach mann..was haben die sich denn vorne gedacht? Zwei riesige Scheinwerfer, die wie zwei buschige Augenbrauen wirken. Naja egal, man gewöhnt sich ja bekanntlich an alles. Und außerdem entschädigen die hübsch gestylten Lufteinlässe für diese..dafür.
Außencheck beendet, hinein ins Auto. Die Standardsitze, die mein Testmodell hatte waren etwas zu weich, gaben allerdings ausreichend Seitenhalt. Einen schönes griffiges Lenkrad mit Schaltwippen ragt vor mir auf. Bei genauerem Hinsehen fällt auf, dass die Schaltwippen (die übrigens aus Plastik sind, lasst euch nicht von dem Anstrich täuschen), fest an der Lenksäule montiert sind. Wieso das denn? Bei einem Fronttriebler ist es ja wohl kaum der Fall, dass man vor lauter Kurbeln im Drift nicht mehr weiß, wo die Wippe zum hochschalten ist oder? Sei´s drum, wenn´s hart auf hart geht muss man halt umgreifen. Der Tacho ist Digital in der Mitte, links ein Rundinstrument mit Drehzahlmesser, das Rechte wird zur Gänze von der Tankuhr eingenommen. Wenn der ein oder andere jetzt denken mag: „Ist das nicht etwas groß dimensioniert?“, dem sei gesagt, dass ich den gleichen Gedanken hatte. Allerdings stellte sich später heraus, dass der Renault eine durchaus hohe Trinkfestigkeit sein eigen nennen darf und es somit zum netten Zeitvertreib wird zu schauen, wann die Tanknadel am nächsten Strich vorbeirauscht. Desweiteren gibt es einen hochglänzenden Block in der Mitte, der den Bildschirm und die Klimaregelung beherbergte und einen, etwas lieblos zusammengeschraubten Schaltknauf für das serienmäßige DSG.
Doch genug Gerede vom Aussehen. Außen sieht man während der Fahrt eh nicht und wenn´s Spaß macht ist einem der Innenraum eh irgendwann wurscht. Außerdem wieder einmal: Man gewöhnt sich an alles. Also Startknopf drücken (Keyless-Go) und lauschen. Einen kurzes raunen ist zu hören, dann verfällt der Renault in einen ruhigen und leisen Leerlauf. Hebel auf „D“ und runter vom Hof. Schon jetzt ist zu vernehmen, dass der Renault innen lauter ist als außen. Das allseits beliebte Soundtuning für den Innenraum hat sich also auch hier durchgesetzt. (Nur so am Rande: Viele von euch werden sich fragen, wie die optionalen R-Sound-Effects klingen, bei denen man zwischen alten Renault-Modellen, einem Nissan GTR und so weiter wählen kann. Kurzum: Es lohnt sich nicht. Es klingt viel zu künstlich und ist zu insgesamt sehr unstimmig und laut.) Schnell merke ich, dass das Getriebe im Normalmodus ziemlich..dumm ist. Ja, dumm trifft es sehr gut. Es schaltet zu früh hoch, dann strampelt sich der Motor umständlich aus dem Turboloch, während das Getriebe merkt, dass das blöd war und wieder runterschaltet. Angenehmes cruisen durch die Stadt ist also schon mal abgehakt und nicht machbar. Da ich dieser tölpelhaften Schaltvorgänge ja nicht anheimfallen will, schalte ich in den Sportmodus, in dem das ESP die Zügel etwas lockerer lässt, die Motorkennlinie verändert wird, der Sound nachgeschärft wird und das Getriebe sportlicher schaltet. Nun ist auch deutlich ein „Schaltfurzen“ zu hören, wie es VW in Mode gebracht hat. Ich mag das ja. Bevor ich´s vergesse: Nun haben wir ein anderes Problem. Selbst bei Halbgas lässt es sich das Getriebe nicht nehmen, den Motor bis 4000 Touren und darüber drehen zu lassen, wenn man nicht manuell eingreift. Man kann also wählen zwischen Hofnarr oder Unruhestifter. Ich belasse es bei zweiterem und zupfe munter an den Schaltwippen. Nebenbei achte ich auf die Öltemperatur. Man sollte bei jedem Auto unbedingt darauf achten, dass das Öl zumindest 60° hat, um etwas zügiger voran zu kommen und wenigstens 80-90, damit man Kette geben kann. Also wo finde ich die Öltemperatur. Nach etwas herumtippen auf dem Touchscreen des Infotainment-System komme ich zum „RS-Monitor“. Hier habe ich schöne Illustrationen von Getriebe und Motor, Stoppuhr, G-Kräfte, Beschleunigungsstopper und tatsächlich tummeln sich hier auch sämtliche Temperaturen. Ja, auch die Wassertemperatur. Gewöhnungsbedürftig. Denken wir an unseren Leitfaden für diesen Beitrag: „Man gewöhnt sich an alles“
Allerdings darf hier niemand denken, dass es nur negative Seiten gibt. Als das Öl Betriebstemperatur erreicht hat und ich eine freie Landstraße vor mir habe denke ich nur „gib ihm“. Also Pedal to the Metal und ab gehts. Untenrum etwas zäh, da nur 240Nm anliegen aber ab spätestens 2500 Touren fährt man doch relativ zügig dem Horizont entgegen. Nicht zuletzt, weil das Auto, im Sportmodus sogar relativ gut, die lästige Schaltarbeit erledigt. Sobald man in höhere Drehzahlbereiche kommt dröhnt es allerdings innen und vom Auspuffsound ist nur noch ein extrem lautes Rauschen übrig. Allerdings sieht man hier mal, wie viel Abgase man doch in die Umwelt bläst. Die Gegend ist aber glücklicherweise ziemlich dicht bewaldet, die Pflanzen machen das also schon. Auf in die erste Kurve. Das Fahrwerk ist straff und vermittelt Vertrauen, sodass der Fahrer nicht gleich Angst hat in den nächsten Kuhzaun zu brettern. Andererseits ist es auch noch hinreichend komfortabel abgestimmt und bietet einen guten Restkomfort. Ich muss sagen, ich finde langsam gefallen an dem kleinen Unruhestifter. Nach einer sportlichen Runde muss ich an die Tankstelle. Der Deal war, dass nach der Probefahrt der Tank ungefähr so voll ist, wie davor. Geht klar denk ich mir und schätze. Ich bezahle 27€ und setze mich ins Auto. Mist..das war zuviel. Macht nix, zum Glück werde ich das auch schnell wieder los. Ich wähle also die Autobahn als Route zum Händler. Dabei teste ich noch das Navi. Es arbeitet schnell und zuverlässig und bietet auch eine Menge Optionen, was Tankstellen, Restaurants, etc. in der Nähe angeht. Auf dem Weg zur A4 teste ich noch die Launch-Control. Oder möchte sie testen. Ich halte beide Schaltwippen fest, trete mit dem Fuß auf die Bremse und latsche das Gaspedal voll durch. Das Auto bewegt sich leicht nach vorne und es riecht nach Kupplung. Nun gut, das lassen wir lieber mal, bevor ich noch den mit Minimum 23000€ nicht gerade billigen Hot Hatch zumindest kupplungstechnisch zu Brei fahre. Ich würde zum Gespött werden. „Du hast die Kupplung gerockt? Bei nem Doppelkupplungsgetriebe?“ Nein, danke. Auf der Autobahn lasse ich ihn fliegen. Dabei lasse ich auch einen Countryman John Cooper Works hinter mir, der eine offensichtlich andere Vorstellung von dem Leistungsvermögen des Clios hatte. Ich sag ja…Wolf im Schafspelz. Wobei sich in dem Bezug natürlich auch ein JCW nicht gerade verstecken muss, obwohl sich Mini mit sportlichen Anbauteilen ja nicht gerade zurück hält. Nach 15 km Autobahn stelle ich erschrocken fest, dass mich das kleine Derby mit dem Deutsch-Engländer ziemlich teuer zu stehen gekommen ist. Ich muss mich zurück halten, damit ich nicht mit dem letzten Tropfen Sprit ankomme und dem Händler mitteilen muss, dass ich trotz tanken die Abmachung leider nicht einhalten konnte. Also Tempomat und 130. 10,5l Momentanverbrauch. Mich beschleicht das Gefühl ein Montagsfahrzeug zu testen und schaue lieber auf die Straße, damit mir nicht die Tränen in die Augen steigen. Beim Händler angekommen fragt er mich wie es war. Ich lege ihm alles dar und gebe zu verstehen, dass der R.S. wohl nicht mein nächstes Auto werden wird. Außerdem spreche ich Ihn auf die Launch Control an. Nach mehreren geglückten Vorführungen dieser Funktion gebe ich zu, dass ich anscheinend die Bremse nicht fest genug getreten habe. Anscheinend braucht der, im Vergleich zum kompromisslosen Vorgänger weichgespülte Clio, hier und da doch noch eine harte Hand.
Fazit:
Fans des alten Saugers werden sich wohl weiterhin an diesen halten müssen. Der Clio R.S. 200 EDC ist ein ganz anderes Auto geworden als sein Vorgänger. Er ist nicht mehr handgeschaltet und sehr durstig. Dafür aber auch etwas reichhaltiger ausgestattet und mit besserem Federungskomfort. Dies dürfte aber Fans des alten Clio egal sein, weil dieser eben gerade darauf keinen Wert legte. Das der neue Clio auch schneller ist, dürfte ein schwacher Trost sein. Allerdings werden sich nun Viele wieder an unseren Leitspruchentsinnen: „Man gewöhnt sich an alles.“