Wie funktioniert ein Leistungsprüfstand?

Wenn ihr euer Fahrzeug tunen lasst, könnt ihr darauf wetten, dass einige denen ihr davon erzählt euch fragen, ob das Fahrzeug auch auf dem Leistungsprüfstand war, um die Leistung nachzuweisen. Entweder ihr seid peinlich berührt und stammelt etwas von wegen „Nein, ist ja auch nicht so wichtig, das Auto fühlt sich ganz anders an…“, oder ihr haltet dem notorischen Zweifler stolz euren Leistungsprüfstandswisch unter die Nase. Umso besser für euch, wenn euer Auto die versprochene Leistung erreicht hat. Aber habt ihr auch schon mal gefragt, wie so ein Leistungsprüfstand eigentlich funktioniert?

Beginnen wir mit der grundsätzlichen Funktionsweise, bevor wir zur Messung kommen: auf einem Prüfstand müssen irgendwie die Gegenkräfte simuliert werden, die auch bei einer ganz normalen Fahrt auf der Straße wirken würden. Dies geschieht mit Wirbelstrombremsen, welche mittels Elektromagnetismus eine Gegenkraft zur Radkraft erzeugen. Dadurch wird der Motor erst belastet und kann seine Muskeln spielen lassen. Selbstverständlich wird hierdurch nicht der Luftwiderstand simuliert, sondern nur der Rollwiderstand.

Weiterhin gibt es zwei Arten von Prüfständen. Den Scheitelrollenprüfstand und den Doppelrollenprüfstand. Bei letzterem laufen die Reifen zwischen zwei Rollen – einer Stütz- und einer Bremsrolle. Der Scheitelrollenprüfstand hingegen weißt nur eine Rolle auf, auf der der Reifen abrollt. Dies hat nicht nur Vorteile in Sachen Kraftübertragung, sondern auch im Bezug auf die Realität der Messung selbst. Schließlich ist es hier so, als würde der Reifen über die Straße laufen. Beim Doppelrollenprüfstand hingegen entstehen mehr Belastungen auf Reifen und Antriebsstrang, damit auch Reibung, was die Reifentemperatur in die Höhe treibt. „Aber Reibung hat man doch auf auf der Straße, ist das nicht gut?“, wird jetzt der ein oder andere fragen. „Nein!“, sage ich. Denn die Art der Reibung die hier entsteht, ist unbeabsichtigt und nicht kalkulierbar, da sie durch Reifenquerschnitt, -zusammensetzung und Fahrzeuggewicht beeinflusst wird.

Machen wir weiter mit der eigentlichen Messung. Die Voraussetzungen hierfür sind logisch: da auf dem Prüfstand kein Fahrtwind entsteht, muss dieser künstlich über Ventilatoren erzeugt werden. Das funktioniert allerdings in den meisten Fällen bis maximal 200 km/h. Danach sind die Luftmengen zu klein um ausreichend Kühlung zu gewährleisten. Des Weiteren ist es wichtig, dass nicht nur Luft-, Wasser und Ladeluftkühler angeströmt werden, sondern auch das Getriebe. Heutzutage sind Autos fahrende Computer mit Gemeinschaftsverständnis. Wenn also einer ein Problem hat, haben es alle. Wenn also das Getriebe zu heiß wird, wird Leistung weggenommen, auch wenn sich der Motor gerade sehr wohl fühlt. Außerdem muss das Auto sicher auf dem Prüfstand verspannt sein. Es gibt genug Videos, in denen man sieht, was mit unsachgemäß verzurrten Autos passiert. Um kurz zu machen: die sind futsch. Ob das in Teilen oder vollkommen geschieht, hängt nur von einem ab: vom Glück des Besitzers..und des Prüfstandsbetreibers. Letztendlich muss der den Spaß ja bezahlen. Weiterhin gibt es natürlich einige weitere wichtige Dinge, die aber jetzt den Rahmen sprengen würden und für euch als nicht-Inhaber eines Prüfstandes nicht zu interessieren brauchen, da sie entweder von vornherein erfüllt sind, wie der richtige Sprit, oder vom Prüfstandsingenieur erledigt werden.

Für die Messung selbst ist es natürlich wichtig, dass man die Bandbreite der Motordrehzahl über einen möglichst hohen Geschwindigkeitsbereich erstreckt. So wird im Allgemeinen ein Gang genommen, der bereits ab 50 km/h anspricht und anschließend ausgedreht werden kann, im Normalfall aber nicht der Höchste. Bei einem kurz übersetzten 5-Gang Getriebe, wie es in meinem Alfa verbaut war, habe ich den vierten Gang für die Messung genutzt.

Wenn das Auto also vertäut ist, die Ventilatoren ausgerichtet und das ESP ausgeschaltet, beginnt man mit einem Probelauf. Hier richtet sich das Auto korrekt auf die Rollen aus und zugleich ist es eine Probe, ob alles soweit funktioniert. Ebenfalls werden hier gleich einige wichtige Softwareparameter ausgewählt, wie der Radstand des Fahrzeugs, oder der Gewichtswert der rotierenden Massen, also der Felgen mit Reifen. Die Temperatur im Prüfstandsraum ist ebenfalls wichtig, weil diese die Ansauglufttemperatur beeinflusst. Genauso wie die Höhe, in der der Prüfstand steht. Je höher, desto weniger Sauerstoff, desto weniger Leistung. All diese Werte können im Anschluss verrechnet werden und so eine Korrektur des eigentlichen Wertes bilden. Übrigens darf die Sache mit der Höhe nur bei Saugmotoren angegeben werden. Bei Turbomotoren wird dieser Unterschied bereits durch die interne Ladedruckregulierung ausgeglichen.

Anschließend geht´s ans Messen. Die Messung erfolgt in zwei Schritten: im ersten Schritt wird die Radleistung über die Beschleunigung im Prüfgang ermittelt. Sobald der Gang ausgedreht ist, wird der Gang rausgenommen und die Schleppleistung ermittelt, sprich die Verlustleistung durch Reibung im Antriebsstrang plus der Verlustleistung des Prüfstandes. Hier könnte man schummeln, indem man etwas bremst, um die berechnete Leistung zu erhöhen. Warum? Die errechnete Motorleistung ergibt sich aus der Radleistung addiert mit der Schleppleistung. Da aber kein Mensch so perfekt und konstant bremsen kann wie ein Roboter, fällt das auf.

Püfstandslauf meines E36 328ti

So, der Prüfstandslauf ist abgeschlossen, jetzt geht es an die Interpretation der Ergebnisse. Schon am Anfang kann man sofort sehen, ob die Kühlung ausreichend war oder nicht. Selbst bei liderlich geschriebenen Kennfeldern fallen starke Einbrüche auf. Hier wird Zündung gezogen, um die Brennraumtemperaturen zu senken. Chiptunern helfen diese Kurven enorm, um die Autos besser abzustimmen. Da ein wenig mehr Zündung, da etwas weniger, hier mehr Ladedruck, da wieder weniger und so weiter und so fort. Letzten Endes werden auf einem Leistungsprüfstand insgesamt 4 Leistungsdaten ermittelt und sieben Umgebungsdaten. Die Leistungsdaten bestehen aus der erwähnten Motorleistung, der Radleistung, der Schleppleistung und dem Drehmoment des Motors. Die Umgebungsdaten bestehen aus der Umgebungstemperatur, der Ansauglufttemperatur, der relativen Luftfeuchte, dem Luftdruck, dem Dampfdruck, der Öltemperatur und falls dies ermittelt wird, der Kraftstofftemperatur.

Ziemlich viel Holz also, das da zusammenkommt, um am Ende ein Blatt mit ein paar Kurven in der Hand zu halten.

Anmerkung: Die hier gezeigten Bilder wurden mir von DTE-Systems zur Verfügung gestellt

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