Solange ich diesen Blog betreibe, beschäftige ich mich damit, euch die Funktion von Autos im Allgemeinen und die Funktion ihrer Bestandteile im Besonderen vorzustellen und zu erklären. Wenn ihr meinen Blog bis jetzt aufmerksam gelesen habt wisst ihr, wie Turbolader den Ladedruck regulieren, wie ein Motorblock aufgebaut ist und vieles mehr. Auf eine Sache bin ich bis jetzt aber noch nicht eingegangen und zwar auf eine sehr Wichtige. Denn fest steht: Damit all diese Teile ihre Funktion erfüllen können, ohne dass sie in rasanter Schnelle den Geist aufgeben, müssen sie geschmiert werden. Diese Aufgabe übernimmt das Motoröl, eines der elementarsten Grundbausteine, wenn man bewegliche Teile hat, die auch beweglich bleiben sollen. Um diese wichtige Rolle zu würdigen, starte ich jetzt die Reihe: „Alles zum Thema Motoröl“. Los geht´s mit der Viskosität.
Die Viskosität stellt den wichtigsten, physikalischen Kennwert des Öls dar, denn sie beschreibt seine Fließeigenschaften. Kompliziert ausgedrückt könnte man auch sagen, die Viskosität ist ein Maß für die Fließfähigkeit eines Hydraulikfluids. Meint das Gleiche, klingt aber cooler. Je höher die Viskosität ist, desto dickflüssiger ist das Öl, je niedriger, desto dünnflüssiger. Man sagt auch, dickflüssige Öle sind hochviskos, dünnflüssige Öle niedrigviskos. Einfach? Na klar. Allerdings ist zu beachten, dass die Viskosität des Öls durch viele Dinge beeinflusst werden kann. So ist es beispielsweise stark temperaturabhängig. Damit beginnt dann die Schwierigkeit beim Motoröl.
Schließlich muss das Öl in der Lage sein, jederzeit einen Schmierfilm zwischen zwei beweglichen Teilen aufzubauen. Hierbei darf es im kalten Zustand nicht zu zähflüssig sein, da es sonst nicht rechtzeitig die wichtigen, zu schmierenden Stellen des Motors erreichen würde, auf der anderen Seite darf es aber auch nicht zu niedrigviskos sein, da sonst der Schmierfilm zu dünn werden und damit reißen könnte. Aber warum ist das so?
Dazu begeben wir uns kurz in die Welt der Physik. Öl ist schon mal nicht als homogene Flüssigkeit zu betrachten, sondern in Schichten. Das bedeutet, dass ein Ölfilm zwischen zwei Werkstoffen, wie etwa Kolben und Zylinderwand dadurch schmiert, indem die Ölschichten übereinander gleiten. Bei hochviskosen Ölen sind diese enger aneienander gebunden und unbeweglicher, sprich zäher. Bei dünnflüssigen Ölen hingegen verschieben sie sich sehr leicht. Dieser „Fließwiderstand“ innerhalb der Flüssigkeit wird als „wahre“ oder auch „dynamische“ Viskosität bezeichnet und berechnet sich aus der Schubspannung geteilt durch das Schergefälle. Kein Plan, was ich da rede? Moment, ich fächer es etwas auf: Eine Spannung berechnet sich mit Kraft durch Fläche. Für unseren Fall hier bedeutet dies die Kraft, die das Teil bewegt geteilt durch die Fläche des bewegten Teils. Das Schergefälle wird berechnet mit der Geschwindigkeit geteilt durch die Ölfilmdicke. Jetzt verstanden? Ja? Nein? Ist auch nicht so wichtig.
Da die dynamische Viskosität nur mit einem messtechnischen Aufwand bestimmt werden kann, der in keinem Verhältnis zum Nutzen steht, ermittelt man die kinematische Viskosität. Während die dynamische Viskosität mit kg/m*s angegeben wird, ist die SI-Einheit der kinematischen mm²/s. Die Messung selbst ist relativ einfach. Für den Versuch festgelegt sind Temperatur, eine definierte Strecke und der Durchmesser einer Kapillare, durch die das Öl fließt. Mithilfe der Kapillarkonstante, auch Viskosimeter genannt und der Durchflusszeit kann dann die kinematische Viskosität ermittelt werden. Multipliziert man diese dann mit der Dichte des getesteten Fluids, erhält man die dynamische Viskosität.
Fertig mit der reinen Physik, gehen wir lieber noch einmal auf die Temperaturabhängigkeit ein, denn das Thema ist komplizierter, als man denkt. Zuerst einmal ändert sich die Viskosität nicht linear mit der Temperatur, sondern doppellogarithmisch. Was das heißt? Der Viskositätsunterschied zwischen 90°C und 100°C ist wesentlich größer, als der zwischen 10°C und 20°C. Um das Viskositäts-Temperatur-Verhältnis zu ermitteln, wird der sogenannte Viskositätindex VI verwendet, mit dem die bei 40°C und 100°C ermittelte kinematische Viskosität berechnet wird. Darauf näher einzugehen, erspare ich euch jetzt allerdings.
Temperatur ist aber bei weitem nicht der einzige, wichtige Einflussfaktor. Auch der Druck des Umfelds, Verunreinigungen, Öltyp und Oxidation haben einen Einfluss auf die Viskosität. Der Reihe nach: Der Druck des Umfelds hat Einfluss, aber erst bei Drücken über 400 bar. Darunter ist er zu vernachlässigen, da er pro 100 bar gerade einmal so viel Unterschied ausmacht, wie die 10°C zwischen 10 und 20°. Ihr euch bei zu niedrigem Öldruck also eher um die Fördermenge, als um die Stabilität des Schmierfilms Sorgen machen. Der Einfluss der Zeit ist dagegen schon wieder wichtiger.
Moderne Öle sind synthetisch hergestellt und eine Mixtur aus unglaublich vielen Elementen. So werden Additive hinzugegeben, die den Alterungsprozess verlangsamen. Diese werden mit der Zeit allerdings selber abgebaut. Des Weiteren nimmt das Öl bei hohen Temperaturen deutlich mehr Sauerstoff auf und oxidiert so mit der Zeit. Während dieses Vorganges entstehen auch unerwünschte Bestandteile wie Säuren, Schlamm oder Harze. Auch Ruß, Dreck oder Wasser können mit der Zeit in das Öl gelangen und es verunreinigen. Das alles erhöht die Viskosität und macht das Öl zäher, sodass es nicht mehr schnell genug gepumpt werden kann.
Im Gegensatz dazu kann es auch zu einer Abnahme der Viskosität kommen. Wenn sich Kraftstoff ins Öl mischt, sich bestimmte Additive zur Erhöhung der Viskosität abbauen oder Reinigungsmittel ins Öl absetzen, wird das Öl niedrigviskos. Das führt zu einer geringeren Belastbarkeit bei hohen Temperaturen und damit eventuell zu einem höheren Verschleiß oder im schlimmsten Fall zu einem Kolbenfresser.
Im Teil 2 geht´s weiter mit der SAE-Angabe.
Super Artikel, war sehr hilfreich! Danke dafür!
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Sehr gerne! Freut mich sehr, wenn meine Artikel helfen 😊
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