Was kommt immer, wenn wir einen Autotest lesen oder sehen? Eine Debatte über das Getriebe. Zumindest bei sportlichen Autos. Entweder der Tester ist unzufrieden und sagt: „Leider hat hier auch ein Automatikgetriebe Einzug gehalten. Schade.“, oder er ist begeistert: „Den kann man noch richtig schön altmodisch mit der Hand schalten! Hier fährt man noch Auto!“. So unsicher die Welt auch ist und so schnell sie sich verändert, aber auf das Entstehen dieser Debatte kann man sich verlassen. Natürlich gibt es auch Fahrzeuge, bei denen sich ein Schaltgetriebe verbietet, wie in einem M5. Kein Ingenieur bringt es ruhigen Gewissens übers Herz, seine mühsam entworfene Kupplung den 700Nm des V8 auszusetzen, wenn möglicherweise ein Dilletant hinter dem Steuer sitzt. Man greift also prinzipiell auf ein Automatikgetriebe zurück. Mit Blick auf diesen Aspekt ist das die logische Wahl. Technisch gesehen mit Blick auf die Effizienz verhält es sich anders.
Wir beginnen mit etwas, was wohl die Wenigsten wissen dürften. Tatsächlich hat ein Handschaltgetriebe einen deutlich höheren Wirkungsgrad, als ein Automatikgetriebe. Das ist oft nur nicht zu merken, weil die meisten Fahrer diesen Vorsprung zunichte machen. Wir müssen also eine Möglichkeit finden, das plumpe, ja fast schon dilletantische Herumgewurschtel im Fußraum seitens des Fahrers etwas effizienter zu gestalten, um das Potenzial auch nutzen zu können.
Soviel nämlich immer über Downsizing gesprochen wird, es ist nicht nur der Motor, der Energie sparen muss. Auch das Getriebe muss in puncto Reibungsverluste abspecken. Gerade deshalb sind Automatikgetriebe im Bezug auf den Wirkungsgrad noch so weit von Handschaltgetrieben entfernt. Zwar entsteht durch das „Verschleifen“ der Gänge ein hoher Komfort während des Fahrens, ebenso fließt aber so viel Energie in Form von Wärme ab. Energie, die man zum Antreiben des Autos gut gebrauchen könnte.
Um Vorteile wie einen „Segelmodus“ beizubehalten und gleichzeitig die Vorteile eines Handschaltgetriebes zu ermöglichen, hat die Firma Schaeffler eine automatische bzw. automatisierte Kupplung für Handschalter entwickelt, die genau solche Vorteile bietet. Das System heißt „E-Clutch“ und vereint sozusagen das Beste aus zwei Welten. Die Fähigkeiten reichen hierbei vom oben genannten Auskuppeln während den sich dafür anbietenden Fahrsituationen, bis hin zum vollautomatischen Kuppeln, was den Fahrer von dieser zeitweise nervenden Pflicht befreit.
Allerdings ist das natürlich nicht bei jedem System möglich. Um den Interessenten beim System und dem daraus resultierenden Preis die Wahl zu lassen, stehen mehrere Varianten des Systems bereit.
Bei der ersten Variante „MTplus“, wird das Grundprinzip der hydraulischen Kraftübertragung beibehalten. Im Unterschied zu regulären Systemen wird aber ein Aktuator in die Druckleitung eingebaut, was das automatische Auskuppeln und damit das Segeln möglich macht. Der Verbrauch sinkt hierbei um bis zu 2%, wenn der Motor zusätzlich noch abgeschaltet wird, sind sogar 6% drin.
Die „Clutch-by-wire“ genannte zweite Variante, ersetzt die klassichen Hydraulikleitungen oder Bowdenzüge mit Kabeln. Der Gegendruck des Kupplungspedals ist folglich natürlich futsch und somit auch die Möglichkeit des Fahrers, ein Gefühl für die Kupplung zu entwickeln. Um dieses Problem zu beheben, simuliert ein Pedalkraftsteller diesen Gegendruck. Eingebaut ist ebenfalls ein Sensor, der die Stellung des Pedals an den Kupplungsaktuator meldet, welcher dann per elektrisch angetriebenem Spindeltrieb und hydraulischem oder mechanischem Ausrückelement das Öffnen und Schließen der Kupplung übernimmt. Für den Fahrer selbst ändert sich nichts am Fahrgefühl, obwohl die eigentliche Arbeit nun von einem intelligenten Aktuator übernommen wird. Sinn macht das System vor Allem dann, wenn der Antriebsstrang schnell entkoppelt werden muss, wie etwa beim schnellen Schalten und beim scharfen Bremsen, was zu kürzeren Bremswegen und mehr Spurtreue führt.
Zu guter Letzt gibt es noch das „elektronische Kupplungsmanagement (EKM)“, welches, ein wenig wie beim automatisierten Schaltgetriebe, komplett auf ein Kupplungspedal verzichtet. Hierbei liefert ein Sensor, der zumeist im Schalthebel untergebracht ist, den Befehl zum Auskuppeln und sobald der nächste Gang eingelegt ist, natürlich auch wieder den Befehl zum Einkuppeln. Somit können nicht nur alle Vorteile des „Clutch-by-wire“ genutzt werden, es sind zusätzlich noch beste Voraussetzungen geschaffen, um einen Elektromotor mit einzubinden. Mit einer entsprechend erhöhten Batteriekapazität und einem 48V-Bordnetz könnte dieser kleine E-Motor den Verbrenner bei den verbrauchserhöhenden Prozeduren, wie dem Anfahren, dem Einparken und sogar auf kleinen Strecken mit geringer Geschwindigkeit ablösen.
Der große Vorteil dieser Technik offenbart sich vor Allem im Hinblick auf die zunehmende Hybridisierung, die so auch platzsparend in Klein- und sogar Kleinstwagen eingebaut werden kann. Bisher war hier durch die Größe herkömmlicher Automatikgetriebe einfach kein Platz.
Komplizierte Technik für den Laien gut verständlich rübergebracht.
Danke Philip!
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Danke für das Lob. Sehr gern! Das ist immer mein Ziel 🙂
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interessanter Beitrag, ich habe mich auch auf meinem Blog beschäftigt:
http://automatisiertes-auto.de/
Viele Grüße
Jürgen Vagt
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