5-Zylinder sind doch was Feines oder? Ich für meinen Teil liebe sie. Diese unverwechselbare Klangart, ein Röhren und Schnauben, Prusten und Husten. Wenn ein Auto klingt wie ein Kettenraucher vor dem Herrn, dann hat es nen 5-Zylinder. Aber überlegen wir mal kurz. Welche Autos haben 5 Pötte? Audi RS3, Audi TTRS, Ford Focus RS MKII, Audi Quattro und ja, diese alten Volvos, die allerdings mehr gesoffen haben, als dass sie wirklich Kraft entwickelten oder entsprechend Gänsehaut auf den Arm des Fahrers zauberten. Die Autos, die das tun (siehe oben) sind aber für diese Rubrik eindeutig zu selbstbewusst eingepreist und kommen damit nicht in Frage. Doch Moment mal..gab es da nicht einen, der genau hier rein passt, Kraft hat und dazu noch klingt, als würde er nichts anderes tun, als sich eine Kippe nach der anderen zu gönnen?
Den gibt es! Denn der kleine Bruder des Focus RS MKII, der ST, hat prinzipiell den gleichen Motor, wie das grüne Ungetüm. Selbstverständlich mit etwas anderer Hardware und „nur“ 226 PS, aber hey, 5-Ender ist 5-Ender.
Und der ST ist ein Richtiger: Ford übernahm den 2,5-Liter Volvo R5 Motor, setzte das hauseigene „Duratec“ davor, schraubte hier und da ein wenig herum und voilá, war die bis dato beliebteste ST Baureihe geboren. Neben die bereits erwähnten 226 PS bei 6.000 U/min, gesellte sich ein Drehmoment von 320Nm von 1.600-4.000 U/min.
Mit 9,0:1 ist der ST-Motor etwas höher verdichtet, als der seiner großen Brüder RS und RS500. (beide 8,5:1)
In 6,8 Sekunden geht es auf Landstraßentempo und später auf bis zu 241 km/h Höchstgeschwindigkeit. Der Spritverbrauch des Triebwerks mit der Kennung „HYDA“ wird mit 9,3 Liter Super angegeben. Selbstverständlich liegt auch und besonders hier die Angabe wieder weit außerhalb des tatsächlichen Verbrauchs, denn der 5-Ender trinkt gerne mal einen über den Durst. So kann man im Schongang zwar mit etwa 10-11 Litern rechnen, was sich aber problemlos bis 15 und auch darüber ausdehnen lässt. Dieses Trinkverhalten lässt sich aber auch unter anderem damit erklären, dass wir es hier mit einem Saugrohreinspritzer zu tun haben. Würde der Sprit direkt in die Brennkammer fließen, wäre hier in Sachen Effizienz durchaus noch was drin. Macht aber nix. „Spaß kostet“, wie es so schön heißt.
Gegenüber seinem sehr extrovertiert auftretendem Bruder, dem RS, lässt es der ST sehr ruhig angehen. Ein kleiner Dachspoiler, ein wenig sportliche Schürze hier und da, hübsche 18-Zöller und ein kleines Auspuffrohr auf jeder Seite, sorgen für einen sportlichen Auftritt, was gar nicht mal so einfach ist, schaut man sich die Karosserie an, die doch eher an einen buckligen Glöckner erinnert, als an einen durchtrainierten Athleten. Aber seien wir ehrlich: Wie viele Athleten rauchen Kette? Sicher ist das Aussehen eine Geschmacksfrage. Mir gefällt der Ford aber.
Das sieht innen schon wieder etwas anders aus: Plastik, wohin das Auge blickt, ovale Lüftungsdüsen zu einem eckigen Radio und hier und da etwas, euphemistisch gesagt, nachlässige Verarbeitung. Natürlich gibt es aber auch Dinge, die durchaus auch im Innenraum für den Focus sprechen. Hierzu gehört die Alupedalerie, die bequemen Recarositze, die leider Fordtypisch zu hoch montiert sind und die drei Anzeigen für Ladedruck, Öldruck und Öltemperatur, die meiner Ansicht nach in keinem Auto fehlen sollten. Egal, wo sie montiert oder einsehbar sind.
Jetzt, wo wir die Bereiche Technik und Aussehen, innen wie außen, abgehakt haben, wenden wir unseren Blick doch auf die finanzielle Seite und starten mit dem Grundpreis. Gebrauchte fangen bei etwa 5.000€ an. Möchte man ein ansehnliches Modell mit Scheckheft, muss man nochmal etwa 2.000-2.500€ mehr investieren.
Steuerlich liegen wir bei 15€ im Monat, sprich 180€ im Jahr. Die Versicherung liegt mit 16,23,24 (Haftpflicht, VK, TK) noch im Rahmen. Ein Golf 6 GTI ist auch nicht viel günstiger mit 15,22,24 und obendrein auch langweiliger. An dieser Stelle bitte ich die GTI-Fahrer übrigens um Nachsicht. Ihr habt natürlich kein schlechtes Auto. Aber ihr habt eben einen Zylinder weniger und kein loses Heck.
Jetzt ist aber eure Stunde gekommen, wenn es um die Krankheiten des ST geht, denn da hat er deutlich mehr, als der emotional ärmere Mitbewerber aus Wolfsburg, den wir ab jetzt wieder aus dem Spiel nehmen, um dem Focus die Bühne zu geben, die er verdient-Eine eigene.
Dennoch kommen wir jetzt zum Negativen, hilft ja alles nichts. Fangen wir an mit der Kurbelwellengehäuseentlüftung. Diese verabschiedet sich bei Vorfaceliftmodellen oft durch zu hohen Druck. Hier kann man das Risiko eines Defektes minimieren, indem man nach dem Ölwechsel statt der regulären 6,2 Liter Öl nur noch deren 5,8 einfüllt. Hierdurch wird der Druck reduziert, was auch die Last auf die einzelnen Bauteile abschwächt. Das nächste Problem bilden die Antriebswellen. Diese bekommen gerne Spiel, was sich durch ein Klacken beim Lastwechsel, insbesondere beim Anfahren bemerkbar macht. Die Lichtmaschine bildet auch einen Schwachpunkt beim ST. Sie verabschiedet sich bei vielen Fahrzeugen noch innerhalb der ersten 100.000 km. Der Fahrersitz kann an den Schienen das knacken anfangen und die Sitzfläche bekommt Spiel zu den Seiten. Die Karosserie rostet vorzugsweise an den Scharnieren und den Türfangbändern, der Klarlack am Stoßfänger und an einigen anderen Karosserieteilen verabschiedet sich bei fast allen Modellen.
Die Unterbodenverkleidung sollte regelmäßig auf festen Sitz kontrolliert werden, denn diese lockert sich häufig und fliegt bei hohen Geschwindigkeiten in die Botanik davon. Zumeist nicht ohne dabei noch die Radhausschalen mit in den Tod zu reißen.
Man sollte darauf achten, dass das Auto kein Chiptuning hatte, besonders, wenn man nicht zweifelsfrei sagen kann, wie viel zusätzliches Drehmoment dazu kam. Dies kann man an der Ladedruckanzeige kontrollieren. Sobald mehr als 0,8 bar angezeigt werden, ist ein Chiptuning vorhanden. Zu achten ist deshalb darauf, da beim ST der Motorblock sowieso ein kleines Sorgenkind ist. Hier gibt es vereinzelt Motorschäden zu beklagen, die durch einen Riss in der Zylinderwand entstehen. Natürlich gibt es diese auch bei nicht-gechippten Fahrzeugen, aber mehr Leistung bedeutet natürlich auch immer eine höhere Belastung und damit auch ein steigendes Risiko für den Block.
Übrigens: Wenn mich jemand fragen würde, ob ich meinen Focus ST chippen lasse, würde ich ganz klar sagen: „Klar!“ Aber eben nur mit einer Stage 1. Auch sollte man sich vor Modellen mit M66 Getrieben (2006er ST-Modelle) in Acht nehmen, da es hier gehäuft zu Getriebeschäden kam. (mit oder ohne Chiptuning)
Das Facelift im Jahr 2008 brachte wenige Änderungen mit sich, jedoch drei nicht zu verachtende: So bekam die FL-Baureihe den Zylinderkopf vom RS mit besserer Kühlung, eine Auslegung auf 5,8 Liter Öl (s. oben Kurbelwellengehäuseentlüftung) und ein ansprechenderes Design außen wie innen.
Genug der Sorgen nun, denn diese machen schließlich Falten, wie man weiß. Wenden wir uns lieber dem obligatorischen Tuningteil zu, der nicht nur das Autofahrerherz erfreut, sondern auch jedes Mal mein Lieblingsabschnitt ist. Bevor es doch zur Leistung geht, sollte man stets eines bedenken: Den Sound. Der St klingt zwar schon ab Werk verdammt gut, über den 5-Zylinder hatten wir schon geredet, aber eine Abgasanlage ist immer noch eine Überlegung wert und wäre sicherlich meine erste Anschaffung. Da hier eine Verlinkung der Abgasanlagen selbst doch ziemlich langweilig wäre, folgen ein paar Videos, in denen ihr selbst urteilen könnt, was euch am besten gefällt. Sicher, die Realität sieht anders aus und hört sich vor allem anders an. Aber eine Richtung kristallisiert sich doch immer raus, oder?
Was gefunden? Schön. Jetzt, wo der Eimer nochmal ne Schippe Sound nachgelegt hat, kümmern wir uns endlich um die passende Leistung dazu. Und hier gibt es einige Spezialisten, die einen wirklich guten Job machen. Noch zur Anmerkung, da ich vor kurzem darauf angesprochen wurde: Nein, ich bin nicht jede Stage selber gefahren. Meine Empfehlungen entnehme ich längeren Recherchearbeiten aus dem Internet, sodass ihr, solltet ihr ein Fahrzeug aus der Reihe „Kategorie: schnelle Karren für unter 8000€“ besitzen, nicht selbst stundenlang suchen müsst, sondern euch auf meine Auflistung verlassen könnt.
Wie dem auch sei, los geht´s:
Fest steht, dass es nie falsch ist, sich an einen Tuner zu wenden, der sich auf eine Marke spezialisiert hat. Im Falle von Ford ist Mountune so einer. Die englische Firma ist sogar Ford Werkstuner, sodass es Tuningkits mit Garantie gibt. Nur leider, wie kann es anders sein, nicht in Deutschland. Dennoch ist Mountune immer eine gute Wahl. Eine Auswahl des kompletten Programms für den ST gibt es hier:
Mountune
Entweder man bestellt direkt hier, oder man wendet sich an einen Händler in Deutschland, so wie racemax einer ist. Hier habe ich euch mal die Stage 1 verlinkt.
Mountune über racemax
Auch Bluefin kommt aus England und erfreut sich großer Beliebtheit. Für den Focus ST gibt es auch hier eine Stage 1 mit solider Leistungsausbeute:
Bluefin
Selbstverständlich gibt es aber auch hier Händler in Deutschland, über die ihr bestellen könnt:
Bluefin über fritz-motorsport
Autotech spielt seine Software ebenfalls mit einem Flasher auf. Hier ergibt Stufe 1 260 PS. Der ganze Spaß kostet 599,90€ bei RH-Renntechnik.
Autotech über RH-Renntechnik
Der Spezialist für Ford in Deutschland schlechthin ist natürlich Wolf Racing. Allerdings lässt man sich die Erfahrung und den Namen hier auch sehr gut bezahlen:
Wolf Racing
Am Ende muss man sich einfach auf einen Focus ST 225 einlassen. Wenn man das tut, wird man es aber nicht bereuen. Ich kenne einige Leute, die keine Probleme hatten und super zufrieden waren mit dem Auto. Ich kenne aber auch genügend Leute die viele Probleme hatten und ihr Auto trotzdem geliebt haben. Anscheinend ist man, egal ob Sorgenfalten oder nicht, immer glücklich und zufrieden mit diesem Auto. Woran es liegt? Vielleicht am bärigen Antritt, oder am agilen Heck. Vielleicht auch am gänsehauterregenden 5-Zylindersound. Wer weiß. Fest steht: Der Focus bietet ein super Preis-Leistungs-Verhältnis und ist ein absolut würdiger Kandidat für unsere Reihe „schnelle Karren für unter 8000€“ und ist zweifelsohne einer der charmantesten Kettenraucher, die es gibt.
Es stimmt, die STs sind mitlerweile erschwinglich geworden. Und dank dem soliden 5-Zylinder von Volvo auch sehr robust….gute pflege natürlich vorrausgesetzt 🙂
LikeLike
Die muss immer stimmen. Ich hadere schon seit langem mit mir einen 5-Zylinder zu kaufen. Unterm Strich bin ich aber mit meinen jetzigen beiden sehr zufrieden.
Liebe Grüße
LikeLike
Fahre nun schon seit über 10 Jahren einen MK2 ST Facelift mit Supersprint AGA und Mountune ST260 Tuning (ist sogar eingetragen). Und was soll ich sagen, es treibt mir immer noch das Grinsen ins Gesicht wenn Sound und Drehmoment kommen. Wenn man nicht immer nur drauftritt gehen sogar Verbräuche unter 10L. Ausser Lichtmaschine und Kupplung (wg. Tuning) keinerlei Probleme 125.000 Km
LikeLike
Da bin ich ja fast ein bisschen neidisch. Ich hab auch lange Zeit mit mir gerungen, ob ich einen kaufe. Der Sound wäre das ausschlaggebende Argument gewesen. Allerdings fahre ich einfach zu viel und so ist es wieder ein Diesel geworden.
LikeLike
Ist schon besser so, ich fahre jeden Tag ca. 140km und hierfür wäre mir der Focus dann schon auch etwas zu durstig. Da ist der 530XD Kombi schon angenehmer (Fahrkomfort, Automatik im Stau, Durchschnitt 7L auf Schweizer Autobahn, und Feinstaub/NOx kennen die in der Schweiz auch nicht :-))
LikeLike
325d, 270 PS, Automatik und 7,8 Liter auf deutscher Autobahn 😉
LikeLike
da bin ich jetzt ein bischen neidisch 🙂
LikeLike
ich kaufe ein s für das bisschen
LikeLike