Wir haben uns schon einige kleine Wägelchen mit einer guten Portion Leistung und einem attraktiven Preis angeschaut und sie alle haben eines gemeinsam: Einen Turbo. Da fehlt doch ein Sauger! Natürlich, die Gattung der frei saugenden, sportlichen Kleinwagen habe ich bis jetzt komplett vernachlässigt. Warum? Weil sie nicht mehr mithalten können. Es ist genau das Gleiche wie bei den kräftigeren Familienmitgliedern der Kleinen. Nehmen wir den klassischen Dreikampf: C63, M3, RS4. Aktuelle Modellgeneration. C63? V8-Biturbo-Monster. M3? Hammermäßiger Biturbo-Reihensechser mit ordentlich Wumms. RS4? V8-Saugmotor und inzwischen verdammt zum hinterher fahren. Natürlich kommt jetzt der Nachfolger und er darf wieder bei den Großen mitspielen, aber die Botschaft ist klar. Warum nehme ich dann trotzdem den kleinen Saugfiesta mit ins Programm? Ganz einfach: Weil er immer noch tierisch Bock macht!
Schauen wir uns zuerst die Daten an: 2 Liter Vierzylinder Benziner mit 150 PS und 190 Nm. 0-100 in 9 Sekunden, 1150 kg vollgetankt und wenn man ihn fährt wie es ihm gebührt, mit gut und gerne 10 Litern aufwärts dabei. Das ist aber egal. Warum? Erstens kann man ihn recht günstig ergattern (dazu kommen wir noch), was jede Menge vom Budget für Sprit übrig lässt und zweitens entschädigt der kleine Ford den Autofan von vorne bis hinten. Wer sich so ein Auto kauft, nur um schnell von A nach B zu kommen, der ist hier übrigens falsch. Wie alle Ford Performancemodelle will auch der kleine Fiesta in die Kurven geschmissen und zügig herausbeschleunigt werden. Die Drehfreude gefällt, allerdings fehlt eben etwas der Punch gegenüber seinen turbobefeuerten Kollegen.
Dafür macht er umso mehr Spaß auf der Rennstrecke. Als Zweitwagen für die Sonntage, an denen man einen Abstecher zum Nürburgring, Bilster Berg oder auch zum Lausitzring macht, dort das ESP komplett abschaltet und sauber die Ideallinie abkurvt, direkt hinter einem Porsche, dessen Fahrer wohl mit einem zu kräftigen Auto angefangen hat, ist er perfekt. Dabei helfen vor allem das fordtypisch klasse abgestimmte Fahrwerk und die herrlichen Recaros, die zwar nicht ganz so perfekt sind, wie die des jetzigen, aber nicht viel Spielraum zum mosern geben.
Was zu bemängeln ist, ist der Rest des Interieurs, das zwar sehr sportlich gehalten ist, aber leider auch mit bescheidener Materialanmutung aufwartet. Viel Plastik, wenige Glanzpunkte im Design. Ein Grund mehr ihn zum Tracktool umzubauen. Einzig und allein das Getriebe lässt sich nicht ganz so knackig schalten, wie man vielleicht vermuten würde, was über die Zeit mit mehreren Besitzern sicher nicht besser wird. Der Rest ist allerdings erste Sahne. Vom Einlenken, über die Gasannahme bis hin zum Bremsen.
Kommen wir, wie oben angekündigt, zum Preis. Fiesta ST 150 fangen bereits bei 2.000€ im Netz an, viele gibt es aber nicht und gute sind erst recht schwer zu finden. Erschwerend kommt hinzu, dass viele Anfänger auch den Entschluss fassten, sich den kleinen zu kaufen, aber noch so grün hinter den Ohren waren, dass sie ihn *schwupps* direkt um den nächsten Baum gewickelt haben. Dafür sind die Typklassen allerdings noch recht human. Sie liegen hinter denen eines Mini Cooper S. Für Haftpflicht, TK und VK gelten dieses Jahr 15,22,18. Steuern kostet der Kleine übrigens 11€ im Monat. Etwas teurer also, als die künstlich beatmeten Mitbewerber.
Wenn man dann einen gefunden hat, sollte man auf den ein oder anderen Punkt achten. Zum Beispiel ist die Servopumpe ein wunder Punkt, was sich durch Geräusche beim Lenken (besonders im Stand) bemerkbar macht.
Das Getriebe kann auch für einige Sorgenfalten der Besitzer verantwortlich sein, Getriebeschäden sind nicht selten.
Die unteren Türkanten sind gerne von Rost befallen, ein Blick lohnt sich also.
Auch die Kennzeichenbeleuchtung und das dritte Bremslicht sind anfällig.
Der Klimakompressor geht auch gerne über den Jordan, man sollte also einen ST lieber im Sommer kaufen, damit ein Defekt auch auffällt.
Übrig bleiben die typischen Dinge. Ölstand kontrollieren, da sich der ST 150 gerne den ein oder anderen Schluck Öl gönnt. Die Bremsen im allgemeinen und die hinteren im besonderen anschauen, da diese gerne einlaufen.
An sich ist der Fiesta aber ein zuverlässiges Auto, an dem man mit ordentlicher Pflege lange seine Freude hat.
An dieser Stelle würde sich normalerweise eine Reihe von Tunern befinden, die einen ordentlichen Leistungszuwachs durch eine Softwareoptimierung anbieten. Bei einem Sauger hilft das allerdings nicht viel.
Stattdessen gebe ich ein paar allgemeine Tipps, wie man dem Fiesta ST noch etwas mehr Freude einimpfen kann, als er sowieso schon mitbringt. Zum einen würde ich eine neue Ansaugung empfehlen. Die bringt nicht nur Leistung (bis zu 15 PS und 15 Nm), sondern sorgt auch für ein kerniges Ansauggeräusch. Außerdem ist ein Sportauspuff fast schon Pflicht, da der Fiesta mit dem Serienabgasentsorgungssystem eher traurig und unauffällig klingt. Dabei birgt der Zweiliter eine Menge Potenzial für einen satten Sound. Das war es aber schon wieder mit dem Tuning. Sicher kann man eine neue Software aufspielen, sowie Sportnockenwellen und einen Fächerkrümmer installieren. Leider ist der Kosten-Nutzen-Aufwand nicht akzeptabel. Es gibt Leistungskits für 2.500€, bestehend aus Abgasanlage, Nockenwelle, Ansaugkit und Softwareoptimierung. Allerdings bringen die nur 30 PS und haben keinen Tüv, da hier der Kat weichen muss.
Am Ende ist der Fiesta ST 150 ein Auto, was günstig in der Anschaffung und nicht ganz so günstig im Unterhalt ist, dafür aber einen riesen Spaß macht. Natürlich hat er nicht so viel Wumms, er hat schließlich keinen Turbo. Aber er hat ein großes Herz, dreht fein hoch, macht Spaß in den Kurven und ist insgesamt ein sehr treuer Begleiter. Tuningmöglichkeiten gibt´s, wie bei allen Saugern stimmt das Preis-Leistungs-Verhältnis aber einfach nicht. Vor ein paar Jahren hätte ich Alles für dieses Auto gegeben, konnte ihn mir aber nicht leisten. Jetzt bin ich nicht mehr so scharf auf ihn. Ich bin einfach zu turboverstrahlt. Wenn man mich allerdings fragt, ob ich ihn als Zweitauto nehmen würde, würde ich lauthals „JA!“ schreien. Rücksitzbank raus, Ansaugung rein, Sportauspuff drunter, an sonnigen Tagen über die Landstraßen räubern und am Wochenende auf die Rennstrecke und versuchen am Porsche dran zu bleiben.
Verkehrte Welt?!?Aber gut…
ich habe mir ganz bewusst erst 03/2017 einen Fiesta ST 150 BJ 10/06 (Facelift) als Alltags- und Winterauto und nicht als Racetool gekauft, mIt 74tkm für 5999EUR aus 2-Besitz(Händler)um meinen 98er BMW E39 Reihensechser etwas zu entlasten(der bekommt Saisonzulassung). Ja, er war es wert, Zustand Amaturen,Sitze,Leder perfekt-mit Klimaautomatik,Sitz- und Frontscheibenheizung fürn Winter…dazu noch ohne Heckspoiler,GT-Stripes und äußeres ST Logo, bis auf Schweller und 17″Felgen nahezu clean.
Wieso Sauger?!? Alle zusätzlichen Aggregate(Turbolader) bergen Ausfallrisiken und Ich mag allg. Sauger. Der Motor – grundsätzlich L-Engine Konstruktion von Mazda(Ford war damals Hauptanteilseigner) ist mit Steuerkette absolut stressfrei, Warmfahren + Öl beachten und alles ist OK.
Beschleunigung und Verbrauch(immer 8L/100KM trotz 95% Landstraße) ist etwas unter meinen Erwartungen. Mein 18 Jahre alter BMW mit 2.5L 170-190PS(Streuung) und 1.625Kg(500Kg mehr als der ST150)als voll gedämmte Reiselimousine verbraucht grademal fast genauso viel, auf Autobahn ab 130Km/h verbraucht der Fiesta wegen kurzer Übersetzung sogar deutlich mehr als der alte BMW..
Der ST150 läuft rauh und ist im Innenraum deutlich lauter aber Fahrwerk und Sportsitze sind der Hammer, jede Kurve ein Traum. Ab 4000U/MIn hat der Motor dann auch ausreichend Power sodass man fast alles auf Landstrassen ordentlich ärgern kann bzw. sich nicht ärgern lassen muss. Der ST150 hat def. Suchtfaktor…
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Schöner Beitrag!
Aber nur mal ne Frager zur Ansaugung.
Mit welcher bekommt man ca 15 PS und Nm mehr hin?
Vielen Dank für einen kleinen Tipp
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Hallo Lennart,
leider ist meine Recherchearbeit zu diesem Auto schon ein bisschen her, deswegen kann ich es Dir nicht genau sagen. Ich denke aber, dass Du mit einer ordentlichen Kaltluftansaugung auf jeden Fall die besten Karten hast.
LG,
Philip
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