VROOOOM – TSCHU – VROOOOM – TSCHU – VROOOM -TSCHU – HAHAHAHAHAHAHA!!!

Entschuldigung. Wer jetzt denkt, ich bin vollkommen bescheuert geworden, der liegt gar nicht so falsch. Wer würde sonst im dritten Gang durch die Stadt fahren und die ganze Zeit aufs Gaspedal steigen, nur, um dann zu hören, wie das Wastegate zischt, wenn man den Fuß wieder runter nimmt? Doch fangen wir von Vorne an.
Ich liebe Kompaktsportler. Punkt. Wer sich fragt warum, dem empfehle ich den Anfang des Clio R.S. Tests zu lesen. Dort steht, warum ich diese kleinen, rotzfrechen Dinger so toll finde. Einer von dieser Sorte ist der Fiesta ST. Obendrein einer, der mich von Anfang an fasziniert hat. In jedem Test als Spaßmacher nach vorne gedrängt, so sportlich abgestimmt wie kaum ein zweiter und obendrauf noch ein Design, welchem die Mischung aus Understatement und „Platz da, oder ich schieß dich weg!“, sehr gut gelungen ist und mir persönlich sehr zusagt. Zum Glück bekam ich die Gelegenheit, ihn zu testen. Ich war, um die Verwandschaft hier und dort mit meiner Anwesenheit zu beglücken, in Regensburg. Wer sich auskennt weiß, dass es hier einen sehr großen Ford-Händler namens „Dünnes“ gibt. Ich also hingefahren, um mir den Fiesta ST anzuschauen.
Vorne ein riesiger Kühlergrill in Wabenform, ein rotes „ST“ unten rechts. Dazu lang über den Kotflügel gezogene Scheinwerfer. Er wirkt von vorne schon recht angriffslustig. An der Seite führt eine scharfe Kante den Blick des Betrachters an den leicht ausgestellten Kotflügeln und den insektenartig gestylten Seitenscheiben zu den, relativ hoch montierten Rückleuchten und einem frechen Heckspoiler.
Man hat das Gefühl, dass alle Linien auf einen bestimmten Punkt zu laufen – nach vorne – da, wo der Fiesta auch hin will. Doch halt..das Auto hat ja noch eine Seite zu bieten. Ich stehe nun hinter dem Auto. Das kleine Heckfenster ist wohl inzwischen Mode, sieht aber gut aus. Großer Heckspoiler, Rücklichter die zum Rest des Autos passen in Ihrer Insektenmanier und unten findet sich das Wabengitter von vorne wieder. Darunter ein angedeuteter Diffusor und darin eine Aussparung für einen Doppelrohrauspuff, der nicht zu groß und nicht zu klein ist. Mir gefällt das Teil wirklich.
„Guten Tag!“ Ich werde aus meinen Gedanken gerissen, als ein freudestrahlender Verkäufer auf mich zukommt. „Kann ich Ihnen helfen?“ „Ja, ich schaue mich gerade nach einem neuen Auto um und der Fiesta spricht mich wirklich an.“ „Möchten Sie mal eine Probefahrt machen?“ „Ja gerne, aber ich bin nicht mehr lange hier.“ „Und?“ Der Verkäufer ist perplex. „Sie können ja auch jetzt eine machen.“ Ich schaue verdattert drein. „Wie? Bei mir in der Gegend muss ich sowas immer mindestens zwei Tage vorher anmelden.“ „Ach quatsch! Wir haben einen hier und Autos sind zum fahren da!“ „Ok! Dann komm ich morgen wieder.“, sage ich freudestrahlend.
Am nächsten Tag steh ich wie versprochen auf der Matte. Der Verkäufer von gestern ist nicht mehr da. Er sagte mir, ich solle einen Kollegen fragen. Ich fand einen, gab Ihm Bescheid, er schrieb sich Mail und Handynummer auf und dann gings zum Auto. „Was ist mit dem Papierkram? Versicherung zum Beispiel?“ „Haben Sie vor das Auto zu schrotten?“ „Natürlich nicht!“ „Dann brauchen wir das nicht.“ „Soll ich tanken, bevor ich wiederkomme?“ „Nein, das macht dann der Kollege.“ Anscheinend sah ich noch dümmer drein, als am Tag zuvor, denn der Verkäufer fing an breit zu grinsen. Nachdem er mir die grundlegensten Sachen erklärt hatte, ließ er mich allein und wünschte mir viel Spaß.
Ich sah mich um. Vor mir ein griffiges, kleines Sportlenkrad, dahinter links der Drehzahlmesser, rechts der Tacho. Dazwischen, oben ein kleiner Bordcomputer, unten die Tankanzeige. Eine Anzeige für die Öltemperatur fehlt leider, wie bei vielen Autos, völlig. Rechts von mir eine von Knöpfen überwucherte Mittelkonsole mit einem kleinen Bildschirm on top, der es vorgezogen hat, in einer Höhle zu hausen, was mich aber nicht störte. Die Klimaregler sind ziemlich weit unten, schwer zu erreichen und abzulesen. Davor ein hübscher Schalthebel aus Aluminium. Zum Rest kann man sagen: Schalter, Hebel und so weiter sind nicht sehr hochwertig oder gut verarbeitet. Aber irgendwo muss der Preis von nur 19900€ ja gerechtfertigt sein. Das war es mit dem Innenraum im großen und ganzen. Halt!! Das Wichtigste habe ich ganz vergessen: Die Recaros in denen ich sitze, sind für mich ergonomisch perfekt. Bequem, bieten guten Seitenhalt und sehen mit Teilleder sehr chic aus. Für beleibtere Menschen sind sie allerdings viel zu schmal geschnitten und somit richtet sich der Fiesta eindeutig an Kundschaft mit eher schlankem Körperbau.
Genug davon, jetzt geht´s auf die Straße. Ich drücke den kleinen Startknopf rechts neben dem Lenkrad. Der Motor erwacht mit einem kurzen, leisen rotzen aus dem Auspuff zum Leben. Erster Gang, sehr kurzer Kupplungsweg, ich rolle vorwärts bis zur Ausfahrt des Händlers. Links kommt nix, ich will nach rechts, also ab geht´s! Obwohl ich Ihn nur bis 2500 U/min drehe, ist es im Innenraum relativ laut. Hier hat es Ford etwas übertrieben mit dem Soundtuning. Ob es auf längeren Strecken stört, muss jeder selbst entscheiden. Da mein Alfa von vornherein ziemlich röhrt, stellt es für mich kein Problem da. Viel interessanter ist folgendes: Als ich vom zweiten in den dritten Gang schalte, entlüftet das Wastegate den Turbo hörbar, aber wiederum nicht so aufdringlich, wie bei den Zubehör Blow Off´s, bei denen man denkt, es wäre gerade eine Druckluftflasche in die Luft gegangen. Es ist dezent und macht trotzdem Spaß. Hier nehme ich wieder Bezug auf die Lautmalerei am Anfang dieses Beitrags. Man muss nämlich nicht schalten, um dieses zischen zu provozieren. Ich fuhr im 3. Gang durch die Stadt und…der Rest ist bekannt. Zu erwähnen sei noch, dass ich mich im Fiesta, auf und ab hüpfend, wie ein kleines Kind gefreut habe.
Ich bin natürlich nicht nur dem Wastegate auf die Nerven gegangen, sondern habe auch den Rest des Fahrverhaltens unter die Lupe genommen. Der Motor zieht untenrum sehr kräftig an, verliert aber obenrum etwas an Puste. Das Drehzahlband, wo es wirklich nach vorne geht, liegt gefühlt zwischen 1300 und 4000-4500. Das ist aber absolut ok und mehr braucht man tatsächlich nicht. Das sich grandios zu schaltende Getriebe ist sehr fein abgestuft und ermöglicht es, sich zu jedem Zeitpunkt im optimalen Drehzahlfenster aufzuhalten. Somit kann man übrigens auch mit etwa 7,5 Litern im Drittelmix fahren. Das Fahrwerk ist sehr straff, aber nicht hart. Sicher, wenn man auf eine unsauber geteerte Straße fährt, oder auf eine, die es mal sein wollte, reicht das Fahrwerk sämtliche Schläge in den Rücken des Fahrers weiter aber sei´s drum. Einlenken, Kurvenfahrt, beschleunigen, bremsen..alles macht in diesem Auto einen Heidenspaß. Ich kam tatsächlich nie aus dem Grinsen raus. Autobahnauffahrt, die mit 50 km/h angegeben ist mit 110 rauf fahren? Pff, gar kein Problem. Und mit kein Problem meine ich, dass hier noch nicht einmal die Reifen ins schwitzen kommen.
Ich schaue auf die Uhr: Meine Zeit mit mein
em neu gewonnen Freund ist fast vorbei. Ich fahre den Rest durch die Stadt im Schongang. Turbos müssen schließlich nicht nur warm, sondern auch kalt gefahren werden, weil sich sonst auf der Welle zwischen Abgas- und Verdich
terrad kleine Kristalle bilden, die sich langsam, aber sicher durch diese hindurch fressen und schwuppdiwupp hat man einen Turboladerschaden. Und das will ja keiner.
Ich komme wieder auf dem Hof des Händlers an. Noch nie war ich so traurig, aus einem Auto aussteigen zu müssen. Ich gab den Schlüssel ab, nicht ohne zu erwähnen, dass ich zuvor noch nie so viel Spaß in einem Auto hatte.
Es tut mir leid, falls ich den Fahreindruck nicht so wiedergegeben habe, wie Sie es gerne hätten lieber Leser, aber eines versichere ich Ihnen: Sich selber einen zu verschaffen macht sowieso deutlich mehr Spaß.
Fazit:
Die Latte lag ziemlich hoch für den Fiesta. Ich bin im allgemeinen sehr kritisch, was Autos angeht und finde eigentlich fast überall ein Haar in der Suppe. So auch hier: Das Fahrwerk ist hier und da, wie sich herausstellte doch etwas zu hart. Der Motor hat eine ausgesprochene Turbocharakteristik inklusive kleinem Loch und der Innenraum ist relativ lasch verarbeitet. Eines ist jedoch anders beim Fiesta: Es ist mir vollkommen egal! Fahreindruck, Emotion,…Moment ich sage es anders: Das wird mein nächstes Auto!
Anmerkung:
Die hier gezeigten Bilder sind nicht von mir. Quelle: http://www.netcarshow.com/ford/2013-fiesta_st/